Süßes Tier: Bernhard Hlavicka empfiehlt Sorbet und Zuckerwatte

Schwarzes Kameel
Bognergasse 5
1010 Wien
www.kameel.at

Rund 150 Euro für zwei Personen, inklusive eine Flasche österreichischer Weißwein, Wasser und Kaffee

Foto: Zum Schwarzen Kameel

Manche Orte umweht ein Lüfterl aus einer Mischung von Kult, Luxus, Geschichte und Skurillität, das unvermeidbar Jet-Setige wie die Fliegen anlockt, die dann dort picken bleiben, manche offenbar schon seit Jahrzehnten. Geht man die Bognergasse entlang, sieht man sie aufgereiht und sich suhlen. Sie können nicht anders, man sieht es den aufgeregten Gesichtern an.

Doch letztens passierte es. Ein lange anhaltender, heftiger Regen schwemmte die Meute hinweg. Der Eingang war frei wie nie zuvor und so ergriff ich meine Chance... und betrat zum ersten Mal: das Schwarze Kameel.

Ein Lachs schmiegt sich an

Der Maitre in Form eines Franz Josef geleitet ins jugendstilische Restaurant mit seinen kleinen Nischen. Kein Platz wird hier verschwendet. An den Tischen abwechselnd Stammkunden und Touristen. Die Karte strotzt vor Luxus-Preisen, und gleich wird sich zeigen, ob diese gerechtfertigt sind.

Um den Gaumen bei Laune zu halten, wird eine Lachsterrine mit seinem Kaviar gereicht. Das winzige Stückchen hat es aromatisch in sich. Intensiv, anschmiegsam, perfekt.

Heilbutt, sehr gutt

Eine Erbsenschaumsuppe ist jetzt nicht gerade das Kreativste, was man sich vorstellen kann, aber wenn sie so schmeckt, wie diese, will man nichts anderes mehr haben. Man fühlt sich ein bisschen in die 80er zurückversetzt und kommt drauf, dass nicht alles an Nouvelle Cuisine schlecht war.

Dann wird es aber erst so richtig dramatisch. Es folgt Heilbutt mit Artischocken, Kapernsalz und Zitronencreme. Der Fisch perfekt gegart, die Artischocken ebenso, dazu allerlei Saucen malerisch angerichtet und lustige Grapefruitspalten, die für angenehmen Kontrast sorgen.

Nachspeise des Teufels

Angestachelt durch dieses grande Furioso musste noch ein Dessert her. Gemischtes, frisches Fruchtsorbet lacht aus der Karte. Dieses Fruchtsorbet wird nicht einfach serviert. Nein. Es erscheint. Die Sorbetnockerln verstecken sich unter einem riesigen Berg Zuckerwatte. Eine Hommage an den Backenbart des Maitre?

Ein Erlebnis jedenfalls und ich würde allen Kindern dringend empfehlen, ihr Taschengeld zu sparen und diese Nachspeise des Teufels im Schwarzen Kameel zu ordern, für läppische 10 Euro. Das Sorbet ist köstlich (Himbeer, Zitrone und zimtige Heidelbeeren), und die Zuckerwatte sorgt für viel zusätzliche Unterhaltung.

Um der Kolumne Schmecks gerecht zu werden sei noch erwähnt, dass leider weder Leber noch Niere vom schwarzen noch irgendeinem andersfärbigen Kamel auf der Karte zu finden waren. Schade eigentlich.

PS von fid: Wer das noch schade findet, klickt hier zu einer richtigen Kamel-Verkostung, ein weiterer Klick im Text dort führt zu einem Bild für geschmacklich gefestigte Naturen zum Thema. Nicht mehr im Kameel war bei diesem Besuch Herr Domschitz, der ja ins Vestibül gewechselt ist. Das könnten wir auch langsam einmal wieder heimsuchen.

Fidlers Sternstunde

PPS von fid: Groß in Form fand ich dieses Wochenende den Finsteren Stern am Schulhof:  Hausgebeizter Seesaibling mit (nicht unangenehm erdigen) Roten Rüben, Kresse und Krenmousse, sehr, sehr gut. Für den Pilzwahnsinnigen eine reine Freude: Breite Hausnudeln mit Chanterelles in Portwein mit Schnittlauch, aber hallo! Und das "Gustostückerl" vom Rind im Paradeisfond mit Kipflern, Gemüse, Salsa Verde ließ nur eine Frage offen: Warum kommt Tafelspitz eigentlich nicht mit Paradeisfonds, Herr Plachutta? Dass wir im Stern für Zwei und drei Gänge plus Apero, Wein, Wasser und Kaffee ohne Dessert ziemlich genausoviel abgelegt haben wie Herr Hlavicka im Stern, lag zuallererst an unserer eher unbescheidenen, jedenfalls aber nicht falsche Weinwahl. Aber am Axpoint alleine lag die Begeisterung definitiv nicht, bitteschön!