Bild nicht mehr verfügbar.

"2010 wird extrem schwierig für alle": Peter Kropsch (44) führt die APA seit Jahresbeginn. Seit 1996 arbeitet er für den Info-Konzern, davor betrieb er eine Konkurrenzagentur.

Foto: APA/Gindl

In seinen ersten Monaten als APA-Chef nimmt sich Peter Kropsch Konditionen seiner Journalisten vor: "Nicht das lustigste Thema." Aber "möglichst viele Mitarbeiter" gingen sich sonst nicht mehr aus, sagt er Harald Fidler.

***

STANDARD: Zeitungsverlage etwa der Styria und der Moser Holding gliedern Journalisten in Tochterfirmen aus, die als Nachrichtenagenturen deklariert werden, und wollen so statt des Journalistenkollektivvertrags den des Gewerbes anwenden. Die APA wirkt wie ein Vorreiter - sie stellt freie Mitarbeiter nach genau diesem Kollektivvertrag an.

Kropsch: Die APA war von jeher Mitglied der Wirtschaftskammer - zuerst lange als Telegraphenagentur, dann als Nachrichtenagentur, das unterscheidet sie von den Zeitungsverlagen. Fundament ist damit der Rahmenkollektivvertrag Gewerbe, Handwerk, Information und Consulting.

STANDARD: Die APA stellte ihre Journalisten aber bisher nach dem Journalistenkollektivvertrag für Tageszeitungen an.

Kropsch: Der Tageszeitungskollektivvertrag gilt als solcher für uns nicht: Wir wenden die Bestimmungen dieses Kollektivvertrags als Schablone an, aber auf einzelvertraglicher Basis und mit einer Reihe von Ausnahmen, etwa für Sonn- und Feiertagsdienste.

STANDARD: Und die für die Journalisten günstigeren Regelungen sollen nun nicht mehr gelten?

Kropsch: Natürlich gelten Schutzbestimmungen des Journalistengesetzes, etwa über erweiterten Kündigungsschutz oder Urlaub, auch weiter für unsere Mitarbeiter. Natürlich werden wir etwa die innere Redaktionsfreiheit in den Vertrag aufnehmen. Aber es geht um die wirtschaftliche Basis, damit wir in Zukunft so viele Leute wie möglich in unseren Redaktionen beschäftigen können.

STANDARD: Und Sie argumentieren, durch die wirtschaftliche Krise geht das nicht mehr nach Journa-sten-KV?

Kropsch: Die Medienbranche befindet sich zugleich in einem grundlegenden Strukturwandel und einer Konjunkturkrise. Die Umsätze sind damit begrenzt. Zugleich steigen die Personalkosten jährlich um vier bis fünf Prozent. Als Nachrichtenagentur macht das Personal zwei Drittel aus. Linear fortgeschrieben bedeuten das Verluste. Unsere redaktionelle Unabhängigkeit gründet sich aber gerade auf wirtschaftliche Stärke.

STANDARD: Die Steigerungen kommen aus KV-Anpassung und automatischen Steigerungen nach dem Journalistenkollektivvertrag alle fünf Jahre, den so genannten Quinquennien. Und was ersparen Sie sich mit einem neuen Kollektivvertrag?

Kropsch: Am Anfang wird es sogar teurer.

STANDARD:Warum das denn?

Kropsch: Wir werden ein seriöses Angebot machen: Für jeden freien Mitarbeiter wird die Anstellung eine Besserstellung bedeuten. Also werden die Kosten hinaufgehen.

STANDARD: Was bringt's dann?

Kropsch:Die jährlichen Steigerungen fallen, insbesondere in den ersten Jahren, flacher aus, nicht mehr vier bis fünf Prozent.

STANDARD: Zur Anstellung freier Mitarbeiter drängt eine Prüfung der Sozialversicherung.

Kropsch: Wir beobachten, dass die Krankenkassen das Thema freie Mitarbeit grundlegend anders sehen als vor wenigen Jahren. Die APA wurde schon Anfang der 2000-er Jahre geprüft, da gab es keine Beanstandung. Die Maßstäbe der Gebietskrankenkasse haben sich seither verschärft. Auf Basis der neuen Prüfung haben wir etwas mehr als 20 Leute anzustellen.

STANDARD: Konkurrent Pressetext Austria wirft der APA vor, sie habe sich durch die freien Mitarbeiter über 15 Jahre 23 Millionen Euro erspart, dem Staat seien viele Millionen dadurch entgangen.

Kropsch: Das sind fiktive Rechenmodelle. Papier und Excel sind wahnsinnig geduldig. Die APA tut nichts Unrechtes. Die Auslegung, was ein freier Mitarbeiter ist, hat sich geändert. Nach der heutigen Beurteilung der Gebietskrankenkasse hätten wir manche Dinge einfach überhaupt nicht gemacht. So haben wir relativ vielen Leuten die Möglichkeit geboten, journalistisch zu arbeiten.

STANDARD: Was zum Beispiel wäre sich dann nicht ausgegangen?

Kropsch: Vielleicht wäre unser Meldungsangebot weniger breit. Vielleicht hätte es die eine oder andere Entertainmentmeldung nicht gegeben. Wahrscheinlich wäre unser Multimediaangebot schmaler. Unser Ziel sind aber möglichst viele Mitarbeiter, davon hängt natürlich unsere Qualität ab. Aber wir müssen sie uns leisten können.

STANDARD: Wie weit sind Ihre Verhandlungen - die eine Betriebsversammlung ja eigentlich rundweg abgelehnt hat?

Kropsch: Ich war nicht wahnsinnig glücklich über den Beschluss, von vornherein zu sagen, man verhandelt nicht...Bei diesen Rahmenbedingungen ist es ein Gebot der Stunde zu verhandeln. Ich bin froh, dass der Betriebsrat am Verhandlungstisch sitzt. Ich habe das Gefühl, dass beide Seiten an einer Lösung interessiert sind. Wir haben uns jetzt einmal über einen Weg geeinigt. Aber wir werden sicher noch einige Runden brauchen.

STANDARD: Und als Nächstes kommen die schon länger angestellten Mitarbeiter dran, wie bei einigen Zeitungsverlagen geplant?

Kropsch: Wir werden die bestehenden Einzelverträge nicht angreifen.

STANDARD: Wie geht es der APA insgesamt in der Krise?

Kropsch: 2009 ist für die APA wie für alle in der Branche ein sehr schwieriges Jahr. Wir werden ein kleines Umsatzwachstum hinkriegen und ein sinnvolles Ergebnis schreiben. Aber wir rennen dafür durchgehend mit 120 Prozent. Und 2010 wird sicher ein extrem schwieriges Jahr für alle. Es wird aufs Durchhalten ankommen, bis sich neue Möglichkeiten eröffnen. Und ich kann heute nicht exakt sagen, was diese Möglichkeiten sind. Wirklich beeinflussen kann ich nur unsere Strukturen.

STANDARD: Haben Sie Ihren Job seit Dienstantritt 2009 schon bereut?

Kropsch: Es war mir bewusst, dass einige Aufgaben auf dem Zettel stehen. Ich wollte nicht unbedingt im ersten Jahr an die Grundfesten der Personalkosten gehen. Aber wenn wir's nicht tun, bedeutet das letztlich weniger Mitarbeiter. Wir haben uns da wirklich nicht das lustigste Thema vorgenomen. Aber für das Unternehmen und die Redaktion bringt das langfristig Strukturen, damit wir uns nicht von Budget zu Budget schwingen müssen.

STANDARD: Als Tarzan oder als Affe?

Kropsch: Die Frage lautet immer:Was ist besser? Im Urwald habe ich bessere Karten als Affe denn als Tarzan. (DER STANDARD; Printausgabe, 3.9.2009/Langfassung)