Karolina von der Miene in San Pedro erzählt nicht nur von Steinen sondern auch wie Männer ihre Mütter verehren.

Foto: Katja Fleischmann

Mexikanische Männer bezeichnen sich selbst als "calientes", also heißblütig und im Gegenteil zu den Männern in unseren Breiten zögern sie nicht einer Frau ihre Begierde auszudrücken. Schnell ist da die Rede vom Verliebtsein und davon, dass die Angebetete die Frau seiner Träume sei. Und um das zu wissen braucht der Mexikaner keine Zeit, ein Blick in die Augen einer Frau genügt um sicher zu sein, dass sie die richtige ist. Das jedenfalls sagte Miguel Angel als ich seine Avancen lachend abwehrte.

Was steckt wirklich hinter dem Gehabe der Männer und was ist dran am Ruf des untreuen "Latin Lovers"? Mich interessiert dabei vor allem eines: was denken die Frauen?

Doña Lety jedenfalls hat die Nase voll und will gar keinen Mann mehr. "Ich habe mein Haus, meine Tochter, meine Interessen. Wozu brauche ich einen Mann? Um für ihn zu kochen und hinter ihm herzuräumen? Nein Danke!" Doña Lety wohnt in San Luis Potosi und führt dort eine kleine Pension. Das Haus konnte sie sich leisten da sie jahrelang in den USA hart dafür schuftete.

In Texas zurück ließ sie ihren Mann Tony. Geschieden ist sie nicht, denn dann würde Tony ein Drittel ihres Besitzes zustehen. Für sich selbst sucht sie keinen neuen Mann, doch ab und an versucht sie ihre Freundinnen zu verkuppeln. Ihre Freundin Polly ist allerdings ein schwieriger Fall. "Polly will nicht irgendeinen Mann, sie hat auch noch Ansprüche – reich soll er sein". Doch Geld allein bringt auch nichts. Über die Wahl ihrer Tochter ist Doña Lety unglücklich. Doras Ehemann hat Geld und die beiden leben auf einer schönen großen Hacienda, doch er ist ein "Ranchero" und ungebildet. Am liebsten wäre es ihm, wenn Dora den ganzen Tag zu Hause bleibt und jetzt wo Dora sagt, dass sie keine Kinder will gibt es Zoff.

Laut Doña Lety wollen die Männer, dass die Mutter ihrer Kinder brav zu Hause bleiben, damit sie ungestört anderen Frauen hinterher laufen können. Einen Mann, der treu ist gibt es in ihren Augen nicht. Und Beispiele hat sie genügend auf Lager. Da ist etwa ihr Schwager, der während seine Frau zu viel arbeitet und dabei immer dünner wird, das ganze Geld für seine Liebschaften verprasst. Und tatsächlich war es früher in Mexiko – vor allem in den ländlichen Gebieten – nicht unüblich, dass Männer so genannte "Zweitfamilien" hatten, also neben der Frau und den ehelichen Kindern auch noch eine Geliebte und die gemeinsamen Kinder zu versorgen hatten. Derartige Fälle gibt es bis heute und Gabriel erzählte mir, dass in seiner Familie vor einigen Jahren aufflog, dass ein Onkel eine zweite Familie hat.

Doña Lety will keinen Mann, sie hat ihr kleine Pension und widmet sich ganz ihren Gästen. Foto: Katja Fleischmann
Foto: Katja Fleischmann

Und dann erzählt mir Karolina, dass in Mexiko die Mutter heilig ist. "La Santa Madre", die eigene Mutter, wird von den Männern verehrt und ihr Wort gilt über alles. Auch mehr als das der eigenen Ehefrau. Wenn diese dann aber seine Kinder zur Welt bringt, wird auch sie zur "Santa Madre" und somit auf Ewigkeit von ihm versorgt. "Es ist durchaus möglich, dass er ihr untreu wird und Affären mit anderen Frauen beginnt, doch scheiden lassen würde er sich nie". Und wer in Mexiko den Stolz und die Ehre eines Mannes kränken will, wirft ihm den populären Unspruch, "Chinga tu madre" an den Kopf – und was dann passiert will ich mir gar nicht ausmalen.

Wie es scheint ist der Ruf der Männer hier nicht der beste und Kultur und Tradition bestimmen noch vielerorts die Geschlechterverhältnisse. Doch wie überall beginnen diese Strukturen aufzubrechen, wenn die Frauen gebildeter und somit unabhängiger werden. Und Beresina versicherte mir, dass an den Universitäten heute bereits mehr als 50 Prozent der Studierenden Frauen sind.

Und natürlich gibt es auch die Sorte mexikanischer Männer, denen mit diesem Artikel Unrecht getan wird! (Katja Fleischmann)