Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz nahm den enthafteten Tierrechtsaktivisten Martin Balluch vor der Justizanstalt Josefstadt persönlich in Empfang - der dankt mit einer "Solidaritätskandidatur".

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Wien - Er sei den Grünen "irrsinnig dankbar", sagt Martin Balluch. "Sie waren die einzigen, die sich getraut haben, etwas dagegen zu sagen, dass wir ohne Grund eingesperrt wurden." Ihr Bemühen um seine Entlassung lohnt der Chef des Vereins gegen Tierfabriken, den der Staatsanwalt verdächtigt, Teil einer kriminellen Organisation zu sein, der grünen Partei mit einer "Solidaritätskandidatur". Er lässt sich - wie berichtet - auf die Bundesliste für die Nationalratswahl setzen.

Auf welchem Platz er dabei landen wird, ist noch unklar. "Das werden wir noch genau besprechen", sagt der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz, der selbst angekündigt hat, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen, sollte er es beim Bundeskongress kommenden Sonntag in Graz nicht auf Platz vier schaffen. An wählbarer Stelle wird Balluch nicht landen - laut Pilz steht der "Symbolcharakter" im Mittelpunkt. Wobei sich Balluch im äußerst unwahrscheinlichen Fall, doch ein Mandat zu erringen, durchaus vorstellen kann, in den Nationalrat einzuziehen. "Ja, ich würde ein Mandat annehmen", sagt der Tierrechtsaktivist, der 104 Tage in U-Haft saß.

Ein Platz im Hohen Haus wäre auch insofern nicht ganz unpraktisch für Balluch, da er ab diesem Moment strafrechtlich nicht mehr verfolgbar wäre. Jedenfalls, so lange der Nationalrat keinen Beschluss zur Aufhebung seiner Immunität fasst.

Balluch ist nicht das einzige Mitglied einer Tierrechtsorganisation, das am Dienstag aus dem Häfen kam und jetzt für die Grünen kandidiert. Die 30-jährige Sabine Koch ließ sich auf Platz 17 der Wiener Landesliste setzen.

Warum tun sich die Grünen das an? "Nachdem sie selbst aus einer sozialen Bewegung entstanden sind, ist es nur logisch, dass sie NGOs unterstützen", sagt Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Das Thema Tierschutz spiele in diesem Fall eine untergeordnete Rolle. "Es hätten auch Umweltschützer oder Menschenrechtsaktivisten sein können."

Das sieht Maria Vassilakou, Klubchefin der Wiener Grünen, ähnlich. "Ich bin zwar selbst eine Hundenärrin, hier geht es aber vor allem darum, dagegen zu protestieren, zu welchen rechtsstaatlich äußerst bedenklichen Mitteln gegriffen wurde. Das könnte schließlich jedem von uns passieren." Das grüne G'riss um die Tierrechtler kann laut Filzmaier aber auch Wähler abschrecken. "Es gibt da zwei Denkschulen. Einerseits wurde den Grünen in den letzten Wochen nicht ganz zu unrecht vorgeworfen, im Wahlkampf nicht vorzukommen. Das hat sich jetzt schlagartig geändert."

Andererseits berge die Solidarisierung mit den Tierrechtsaktivisten, denen weiterhin eine Reihe von Brandanschlägen sowie die Beteiligung an einer kriminellen Organisation zur Last gelegt wird, aber auch ein gewisses Risiko. "Das Thema kann innerhalb der eigenen Wählerschaft polarisieren."

Laut Filzmaier sollten die Grünen nicht zu lange auf dem Thema draufbleiben: "Das erhöht die Chancen der anderen Parteien zur Gegenmobilisierung." (Martina Stemmer/DER STANDARD-Printausgabe, 4. September 2008)