Zwar galt Verteidigungsminister Sergej Schoigu aufgrund des desaströsen Feldzugs gegen die Ukraine schon lange als austauschreif, dennoch kam die Nachricht überraschend: Nicht nur wird Schoigu künftig den Nationalen Sicherheitsrat leiten und löst damit den mächtigen Putin-Intimus Nikolaj Patruschew ab, das Ministerium soll künftig einem Zivilisten unterstehen. Andrej Remowitsch Beloussow kann im Gegensatz zu seinen Vorgängern keinen militärischen Rang vorweisen: Er hat gar nicht in der Armee gedient.

Kremlchef Wladimir Putin (links) ersetzt seinen langjährigen Verteidigungsminister Sergej Schoigu (rechts).
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Dennoch zählt der 65-Jährige zum engsten Kreis um Machthaber Wladimir Putin und wird sogar als ein möglicher Nachfolger des Kreml-Chefs gehandelt. Der Sohn eines Sowjetökonomen studierte Wirtschaftswissenschaften an der Lomonossow-Universität und schloss 1981 mit Auszeichnung ab. Zunächst ging er in die Forschung und beschäftigte sich für die russische Akademie der Wissenschaften mit Mensch-Maschine-Systemen. Im Jahr 2000 wurde er Regierungsberater und trat 2006 schließlich in den Staatsdienst im Wirtschaftsministerium ein.

Er glaubt an Digitalisierung und Blockchain

2012 wurde er Wirtschaftsminister in der Regierung von Premier Dmitri Medwedew, doch schon bald darauf machte Putin ihn zu seinem obersten Wirtschaftsberater. Als solcher überzeugte er seinen Herrn davon, dass Digitalisierung und die Blockchain die Zukunft der Wirtschaft seien. 2020 wurde er zum ersten Vizepremier ernannt und durfte Premier Michail Mischustin einmal sogar krankheitsbedingt vertreten. Beloussow ist in zweiter Ehe verheiratet, aus seiner ersten Ehe hat er einen Sohn.

Andrej Beloussow soll Innovation ins Verteidigungsministerium bringen.
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Der Kreml selbst erklärte zur Personalie Beloussow lapidar, dass das Ministerium offen für Innovation und die Einführung fortschrittlicher Ideen sein müsse. Große Akzente der Änderung im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind unter Beloussow wohl nicht zu erwarten: Als wichtige Stütze des Regimes unterliegt auch er seit dem Jahr 2022 internationalen Sanktionen. Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps erklärte, Russland brauche einen Minister, der die Invasion rückgängig mache – bekommen habe man aber eine weitere Putin-Marionette. Mit dem Kreml-Chef verbindet Beloussow der Kampfsport. Aber während Putin sich selbst immer wieder gerne als Judoka zeigte, übte Beloussow Karate und das russische Sambo aus. (Michael Vosatka, 13.5.2024)