Es wird nicht ruhiger um den Mond. Im Jänner und Februar dieses Jahres gab es drei Mondlandeversuche, zwei davon waren erfolgreich. Am Freitag soll nun die nächste Mission zum Erdtrabanten aufbrechen: Nach Angaben der chinesischen Raumfahrtbehörde CNSA soll die Mondsonde Chang'e-6 vom chinesischen Weltraumbahnhof Wenchang auf Hainan starten, um schon bald eine prestigereiche Premiere hinzulegen. Chang'e-6 soll erstmals Bodenproben von der erdabgewandten Seite des Mondes sammeln und zurück zur Erde bringen. Mit Glück könnten Proben des bisher unerforschten Mondmantels darunter sein.

Zur Vorbereitung der Mission hat China bereits im März einen Kommunikationssatelliten in eine Mondumlaufbahn gebracht, um den Kontakt zum Kontrollzentrum auf der Erde aufrechterhalten zu können. Die Mondsonde soll um 9.50 Uhr MESZ mit einer Trägerrakete des Typs Langer Marsch 5 starten und den Mond schon wenige Tage später erreichen. Chang'e-6 besteht aus vier Komponenten: Zunächst muss ein Lander die Mondoberfläche erreichen und dort bis zu zwei Kilogramm Gestein aufsammeln. Die Proben sollen dann mithilfe einer Aufstiegsstufe in den Mondorbit gebracht werden, dort übernimmt ein Orbiter die kostbare Fracht, während die Aufstiegsstufe zurück auf den Mond stürzen soll. Die Proben werden dann zurück zur Erde transportiert und schließlich in einer Wiedereintrittskapsel abgeworfen.

Chang'e 6
Die Trägerrakete für die Mondsonde Chang'e 6 ist startklar. Am Freitag soll es losgehen.
IMAGO/Xinhua

Zwei Tage für die Sammlung

Der Zeitplan ist straff, die Mission soll nur 53 Tage dauern. Aus wissenschaftlicher Sicht ist Chinas Vorhaben sehr spannend: Der ursprüngliche ambitionierte Plan, mit Chang'e-6 Eisproben vom Mondsüdpol zur Erde zu bringen, wurde vor einigen Jahren zwar aufgegeben, vor allem wegen ungelöster technischer Herausforderungen. Geologisch betrachtet ist das neue Ziel aber ohnehin interessanter: Der Lander soll im Südpol-Aitkenbecken auf der Rückseite des Mondes aufsetzen. Dieses Becken ist der größte und älteste Einschlagskrater auf dem Mond, er entstand vor mehr als vier Milliarden Jahren. Proben aus der Region könnten Einblicke in die Geschichte des Erdtrabanten geben. Fachleute hoffen, mehr über das Mantelgestein und die Geochemie des Mondes zu erfahren.

Für die Probenentnahme sind zwei Tage vorgesehen. Während der Lande- und Aufstiegsmanöver sollen wissenschaftliche Instrumente auch Daten über die dünne Mondexosphäre sammeln und die Wechselwirkung des Mondgesteins mit dem Sonnenwind untersuchen.

Umfangreiche Mondpläne

China verfolgt ein ambitioniertes Mondprogramm. 2013 gelang dem Land erstmals eine robotische Mondlandung, 2019 schaffte es als erste Weltraumnation eine Landung auf der erdabgewandten Mondseite. 2020 brachte die Raumsonde Chang'e 5 dann Gesteinsproben von der erdzugewandten Mondseite zur Erde. Das war die erste Rückholaktion vom Mond seit dem Ende der Apollo-Missionen und der sowjetischen Luna-24-Mission 1976.

Bis 2030 will China auch Menschen auf den Mond bringen und treibt, gemeinsam mit Russland und weiteren Partnern, Pläne für eine eigene Mondstation voran: Die International Lunar Research Station (ILRS) soll in den kommenden Jahrzehnten stufenweise aufgebaut werden und letztlich dauerhaft bewohnbar sein. Sie ist so etwas wie ein Gegenentwurf zum Lunar Gateway der Nasa und ihrer Partner: Die US-Weltraumbehörde plant gemeinsam mit der europäischen Weltraumorganisation Esa sowie den Weltraumagenturen Japans und Kanadas, eine Raumstation in einer Mondumlaufbahn zu errichten. Sie soll als Basiscamp dienen, von dem aus Menschen per Landefähre zur Mondoberfläche gelangen können. (David Rennert, 2.5.2024)