Ziemlich genau 13 Jahre ist es her, da entdeckten Forschende einen Gasplaneten, der seinen Stern rund 280 Lichtjahre von uns entfernt umkreist. WASP-43b ist ein sogenannter heißer Jupiter und zählt damit zu einer Planetenklasse, die im Sonnensystem nicht vorkommt: Er ist ein großer Gasplanet, der seinem Stern äußerst nahe ist, nur 19,5 Stunden braucht WASP-43b für einen vollen Umlauf. Dementsprechend herrschen dort auch ganz andere Temperaturen als auf unserem kalten Jupiter, der fast zwölf Jahre für eine Sonnenumkreisung braucht.

Einem internationalen Forschungsteam ist nun mithilfe des James-Webb-Weltraumteleskops erstmals eine präzise Analyse der Atmosphäre dieses Planeten gelungen, die Rückschlüsse auf das Wetter des Gasriesen erlaubt. Dabei konnte etwa festgestellt werden, welche Wind- und Temperaturverhältnisse dort herrschen, wie die Fachleute in Nature Astronomy berichten. An der Arbeit waren auch Forschende des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beteiligt.

Exoplanet WASP-43b
Der Exoplanet WASP-43b ist eine Höllenwelt. Seine ewige Nachtseite ist von Silikatwolken bedeckt, auf der Tagseite herrschen Temperaturen von 1250 Grad Celsius.
NASA/ESA/CSA/Ralf Crawford, STScI

Ewige Tagseite mit höllischen Temperaturen

"Die Bedingungen in der Atmosphäre konnten erstmals genau genug erfasst werden, um einen detaillierten Wetterbericht für einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems zu erstellen. Freundlich sind die Verhältnisse dort aber leider nicht", sagt die Exoplanetenforscherin Ludmila Carone vom IWF, eine der Autorinnen der Studie. Extrem hohe Temperaturen dürfen angesichts der Nähe zum Stern, einem roten Zwerg im Sternbild Sextant, nicht überraschen. Es gibt aber Unterschiede, die daher kommen, dass WASP-43 seinem Zentralgestirn stets dieselbe Seite zuwendet.

"Auf der Tagseite haben wir Temperaturen von etwa 1250 Grad Celsius, auf der Nachtseite sind es verhältnismäßig milde 600 Grad", sagt Carone. "Die Winde, die durch das enorme Temperaturgefälle entstehen, können bis zu 18.000 km/h erreichen." Die enge Umlaufbahn war für die Analysen ein großer Vorteil: Die Forschenden konnten mit dem Infrarotspektrometer Miri des Webb-Teleskops einen kompletten Orbit des Exoplaneten im Wellenlängenbereich zwischen vier und zwölf Mikrometern vermessen.

Temperaturkarte des Exoplaneten WASP-43b.
Taylor J. Bell/BAERI/NASA/MPIA

Nächtliche Silikatwolken

"Wenn der Planet von uns aus gesehen seinen Schatten auf den Stern wirft, dann sehen wir seine Nachtseite. Wenn er kurz davor steht, hinter seinem Stern zu verschwinden, dann sehen wir vor allem die Tagseite", sagt Carone. "Gleichzeitig wissen wir auch, dass der Stern sich in der kurzen Umlaufzeit nicht groß verändert. Das heißt, jede thermische Variation muss vom Planeten kommen."

Während der gemessene Temperaturunterschied zwischen Tag- und Nachtseite also erheblich ist, brachte das Webb-Spektrometer auch spannende Details über die Atmosphärenchemie ans Licht. Dort gibt es Wasserdampf, für die starke Bewölkung auf der Nachtseite von WASP-43b ist aber etwas ganz anderes verantwortlich: Silikate. "Die Wolken bestehen wahrscheinlich vor allem aus Silikatpartikeln, die wir bei uns auf der Erde als Gesteine kennen. Bei diesem Exoplaneten schweben sie als winzige Teilchen in der Atmosphäre herum", sagt Carone. Während die ewige Nachtseite unter einer dichten Wolkendecke liegt, ist die Tagseite bis auf die Randbereiche wolkenfrei – selbst für Silikatwolken ist es dort zu heiß.

Fehlendes Methan

Am überraschendsten war aber, was auf der Nachtseite fehlte: Methan. "Eigentlich würden wir bei einer Temperatur von 600 Grad Celsius auf der Nachtseite Methan erwarten, wir haben in diesem Temperaturbereich anderswo auch schon Methan gesehen", sagt Carone. "Insofern ist es interessant, dass es bei diesem Planeten auf der Nachtseite nicht vorhanden zu sein scheint." Carone steuerte zur aktuellen Untersuchung ein dreidimensionales Klima- und Windmodell bei, dessen Vorhersagen mit den Messergebnissen des Weltraumteleskops verglichen wurden. Ihr IWF-Kollege Patricio Cubillos lieferte ein Atmosphärenmodell, das die Analyse des Methan- und Wassergehalts bei WASP-43b ermöglichte.

Carone sieht in der Mission des Webb-Weltraumteleskops einen Meilenstein in der Exoplanetenforschung: "Solche Details konnten wir zuvor nur im Sonnensystem beobachten. Die Daten sind jetzt so genau, wie ich es mir für die Klimamodellierung nur wünschen kann, und gleichzeitig zeigen sie uns auch, was wir nicht vorhergesehen haben. Etwa den Mangel an Methan. Da müssen wir zurückgehen und uns fragen: Wie kriegen wir das in unseren Modellen hin? Das ist eine völlig neue Ära in der Erforschung dieser Welten."

Profitieren würde aber nicht nur die Erforschung ferner Planeten, sagt die Forscherin. Durch weitere Messungen an WASP-43b und anderen Exoplaneten würden auch die Klimamodelle und Prognosen für andere Welten immer besser werden, auch für die Erde. (David Rennert, 30.4.2024)