Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat die österreichische Bundesregierung reagiert: Mit dem Ernst-Mach-Stipendium erhielten ukrainische Studierende ab dem Sommersemester 2022 eine finanzielle Unterstützung, um ihr Studium in Österreich fortzusetzen oder mit einem Lehrgang an der Hochschule zu beginnen. Um die 715 Euro pro Monat zu behalten, mussten sie lediglich inskribiert sein und 16 ECTS-Punkte nachweisen können.

Doch damit soll jetzt Schluss sein: In einem Schreiben informierte die Österreichische Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD), die für die Durchführung des Stipendienprogramms verantwortlich ist, dass das Stipendienprogramm mit Ende des kommenden Wintersemesters 2023/24 auslaufen wird. Auch das Ministerium erteilte der Weiterführung eine Absage. Im Sommer begründete das zuständige Wissenschaftsministerium unter Martin Polaschek das Auslaufen des Ernst-Mach-Stipendiums damit, dass für eine Fortsetzung eine gesamteuropäische Lösung erforderlich sei. Denn mit 4. März 2024 sollte die Massenzustrom-Richtlinie der EU für ukrainische Geflüchtete auslaufen.

An der Johannes-Kepler-Universität protestiert man gegen die Abschaffung des Stipendiums.
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An der Johannes-Kepler-Universität in Linz hat sich dagegen Protest formiert. Schon im Sommer bedauerte Rektor Meinhard Lukas die Entscheidung gegen die Fortführung des Stipendiums. Schließlich habe es den ukrainischen Studierenden an der JKU "eine akademische Perspektive gegeben", sagte er im August. Und die Linzer Uni kämpft auch im Wintersemester weiter gegen das Aus an – nun formierte sich eine Initiative für den Erhalt: "Es gibt keine rechtliche Verknüpfung zwischen der Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie und dem Ernst-Mach-Stipendium Ukraine", erklärt der Europarechtsexperte und Professor Franz Leidenmühler in einer Aussendung. Dieses Stipendium könne von Österreich davon unabhängig verlängert werden. Dass das möglich ist, zeige sich darin, dass es das Ernst-Mach-Stipendium auch für andere Länder gibt, in denen es keinen Krieg gibt und für die die Massenzustrom-Richtlinie nicht anwendbar ist.

Abgesehen davon: Vor rund einer Woche hat sich der Rat der Europäischen Union darauf verständigt, den vorübergehenden Schutz für Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen, um ein Jahr vom 4. März 2024 bis zum 4. März 2025 zu verlängern. "Damit fällt das Hauptargument des Ministeriums gegen eine Verlängerung weg", sagt auch Thomas Gegenhuber von der Johannes-Kepler-Universität Linz.

Stipendium für mehr als 1.300 Studierende

Auch aus Sicht des steigenden Arbeitskräftebedarfs in Österreich sei eine Fortführung des Stipendiums sinnvoll, erklärt Migrationsforscherin Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien. Laut den Zahlen der OeAD wurden seit dem Sommersemester 2022 in ganz Österreich 1.341 Studierende gefördert. Die meisten Förderungen gibt es an der Universität Wien mit 414 Stipendien.

An der Johannes-Kepler-Universität waren 69 der insgesamt 87 Stipendiatinnen und Stipendiaten im Sommersemester 2023 eingeschrieben. Sie belegten häufig technische und naturwissenschaftliche Studienrichtungen mit einem hohen Fachkräftebedarf, heißt es von der Initiative „Ernst Mach für Ukraine". 75,4 Prozent studierten an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, 18,8 Prozent fanden sich in Studienprogrammen an der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät wieder.

Die Mehrheit der Empfängerinnen und Empfänger eines Stipendiums erfüllt die Bedingungen für eine Fortführung. 60,9 Prozent absolvierten 16 und mehr ECTS-Punkte. "Ein rascher Abschluss an einer österreichischen Universität erhöht die Chancen für nachhaltige Arbeitsmarktintegration", erklärte Kohlenberger. (ook, 6.10.2023)