Was tun, wenn man Wien für ein paar Tage hinter sich lassen will, aber heftiges Heimweh fürchtet? Oder noch komplizierter: Wie kann man im Wiener Gemeindebau bleiben und dabei doch ganz weit draußen am Land Erholung finden? Thomas Eccli bietet für beide Szenarien eine praktikable Lösung. Der kreative Kopf betreibt in Drosendorf im beschaulichen Waldviertel eine Art Frühstückspension, die architektonisch betrachtet eindeutig in Wien stehen müsste.

Die Pension
In der 1930er-Jahren ließ sich ein Müller im Waldviertel vom Wiener Architekten Erich Franz Leischner dieses Haus bauen.
Joëlle Stevenazzi

Architekt Erich Franz Leischner, der vom Wiener Stadtbauamt aus unter anderem die Höhenstraße, das Kongressbad und zahlreiche große Gemeindebauten konzipierte, hat das ungewöhnliche Gebäude in Drosendorf in den 1930er-Jahren für einen wohlhabenden Müllermeister geplant. Weil dieser sein Haus aber mit mehreren unverheirateten Schwestern bewohnte, sah der Architekt unabhängige Wohneinheiten in dem großzügigen Anwesen mit Türmchen und umlaufenden Balkonen vor. Das hofartige Ensemble später in ein Refugium mit mehreren individuellen Gästezimmern umzuwandeln, lag für den aktuellen Hausherrn Thomas Eccli also zumindest vom Grundriss nahe. Wie vielfältig der Hof mit dem mehrdeutigen Namen "Zweitwohnsitz" von den Gästen nunmehr genutzt wird, ist wiederum eine andere Sache.

Für kluge faule Köpfe

Manche Gäste kommen für einen kurzen Aufenthalt in diesen Teil des Waldviertels direkt an der tschechischen Grenze und genießen wie in einer Pension das wunderbare Frühstück, das der Hausherr am Gemeinschaftstisch in der großen Küche serviert. Andere wiederum nehmen den Namen dieses außergewöhnlichen Refugiums ernst, bleiben Tage oder Wochen, fühlen sich dann wie zuhause und schreiben ein Buch oder nehmen eine Auszeit. Ecclis Zweitwohnsitz ist ein verlockendes Angebot für kluge faule Köpfe, die in der Pandemie kein eigenes Wochenendhäuschen auf dem Land gekauft haben, um es danach vorwiegend zu putzen und rundherum den Rasen zu mähen, ehe es Sonntagabend ist und die neue Arbeitswoche dräut.

Der Innenhof vom
Im großzügigen Innenhof vom "Zweitwohnsitz" finden Veranstaltungen statt.
Joëlle Stevenazzi

Eine größer werdende dritte Gruppe kommt wegen der Veranstaltungen in den Zweitwohnsitz. Manche Events machen sich die Gäste selbst in einem dafür konzipierten und liebevoll hergerichteten Stadl, wo sie Geburtstag, die Hochzeit oder einfach nur den Moment mit Freunden feiern können. Eccli kümmert sich aber auch intensiv darum, besonderen Momenten in seiner Kreativ-Oase im Waldviertel Raum zu geben. Am 1. Juli werden  die Musiker Alex Miksch, der Nino aus Wien und Otto Lechner im Zweitwohnsitz zum allerersten Mal gemeinsam auftreten. Bei den Dreien kommt musikalisch sowie schon das Beste aus Stadt und Land zusammen. Passionierten Wienerinnen und Wienern wird das Landleben im Zweitwohnsitz aber immer extrem leicht gemacht. Oder wer umgekehrt schon lange einmal nach Wien kommen wollte, nur halt die Stadt scheut, wird sich dort auch sehr wohlfühlen. (Sascha Aumüller, 26.6.2023)