Viele Scherben von zerbrochenem Porzellan
Auf Schloss Loosdorf gibt es ein Scherbenzimmer
Thomas Ruzicka

Es war im Rahmen einer Teezeremonie, dass man in Japan auf das ungewöhnliche Schicksal einer Porzellansammlung im Weinviertel aufmerksam wurde. Vertreter der Familie Piatti, Besitzer von Schloss Loosdorf, befanden sich im Jahr 2015 auf einer Reise durch das Land der aufgehenden Sonne und nahmen dort an einer traditionellen Teezeremonie mit Frau Machiko Hoshina teil. Der erzählten sie die Geschichte ihrer Porzellansammlung: Ab 1760 hatte die Familie begonnen, Porzellan zu sammeln – und zwar japanisches, chinesisches und europäisches. Schwerpunkt war japanisches Porzellan, wie es zwischen 16. und 19. Jahrhundert für europäische Adelshäuser hergestellt wurde. Als die Piattis im 2. Weltkrieg fliehen musste, wurde die wertvolle Sammlung im Keller des Schlosses eingemauert. Doch wurde das Versteck verraten und von sowjetischen Soldaten zerstört.

Schloss Loosdorf im Bezirk Mistelbach
Die Familie Piatti hat ab 1760 begonnen Porzellan zu sammeln
Thomas Ruzicka

Als die Familie zurückkehrte, war der Schrecken groß. Alles in Scherben! Mühsam begann man zu ordnen, zu kategorisieren und in zusammengehörende Porzellanhäufchen in einem der Zimmer aufzubewahren, in dem die Soldaten gewütet hatten. Das "Scherbenzimmer" entstand, es wurde Teil des Schlossmuseums.

Zerschlagenes Porzellan repariert

Teezeremonienmeisterin Machiko Hoshina war fasziniert und stellte den Kontakt zu japanischen Porzellanrestauratoren her. Die kamen auch nach Loosdorf, nahmen kartonweise zerschlagenes Porzellan mit nach Japan und begannen die Sammlung zu reparieren. Das "Old Imari Project" war entstanden. In japanischen TV-Sendungen wurde darüber berichtet; in einer Wanderausstellung wurde "The Tragedy of Loosdorf Castle" erzählt.

Eine Porzellanvase
Viel Stücke der Sammlung wurden in Japan aufwändig restauriert
Thomas Ruzicka

Seit Mai nun ist die Sammlung zurück. Scherben gibt es noch immer, und das wird auch so bleiben. Auf einer kleinen Rampe durchwandert der Besucher die Ausstellung und atmet den Geist sinnloser Zerstörung. Einige der exzeptionellsten Stücke wurden in Japan so repariert, dass die alte Schönheit wiedergekehrt ist und gleichzeitig die Brüche durch die Zerschlagung sichtbar blieben. Im Rahmen des Projekts "Broken Collection" wird die Sammlung nun von der Universität für Angewandte Kunst betreut und im Rahmen von Workshops weitergeführt werden. Dabei, sagt Schlossherr Gabriel Piatti, kann experimentalhaft Neues entstehen. (Johanna Ruzicka, 19.6.2023)