Fußball
Chronologie des Niedergangs von Bundesliga-Meister FC Tirol
Mai 2000: Der damalige Tirol-Präsident Martin Kerscher wälzt große
Pläne. Er will den Verein entschulden und mit ihm an die Börse gehen.
August 2000:
Der FC Tirol scheitert in der
Champions-League-Qualifikation an Valencia. Der Schuldenberg beträgt
kolportierte 50 Millionen Schilling (3,63 Mill. Euro).
August 2001:
Wenige Tage vor dem Scheitern in der CL-Quali gegen
Moskau kündigt Kerscher im APA-Interview ein "revolutionäres
Finanzierungskonzept" an. "In den nächsten zwei oder drei Wochen
werden wir das Modell vorstellen, mit dem wir permanent unter die Top
30 in Europa wollen..... Auf Grund dieses Modells bin ich ruhiger,
denn ohne müssten wir die Champions League unbedingt schaffen. Es ist
ein Finanzierungsmodell aus dem Ausland mit Venture Capital."
September 2001:
Der FC Tirol will rund 15 Millionen Dollar (15,9
Mio. Euro) aus einem "Cross Border Leasing"-Geschäft mit
US-Großinvestoren (Parker Leasing) lukrieren. Als Anzahlung
überweisen die Innsbrucker rund zehn Millionen Schilling (726.728
Euro) an das Unternehmen. Der Deal entpuppt sich jedoch als
Luftschloss, der Verein sieht kein Geld und muss auch die zehn
Millionen abschreiben. Kolportierter Schuldenstand nach dem
neuerlichen Aus in der Champions League-Qualifikation gegen Lok
Moskau: 120 Millionen Schilling (8,72 Mio. Euro). Kerscher gibt
zu, mit der Auszahlung von Gehältern und Prämien im Rückstand zu
sein, ist aber über Medienberichte vom drohenden Finanzkollaps
erzürnt. "Das ist völlig unseriös und geschäftstörend, uns an den
Rand eines Konkurses zu stellen".
Oktober 2001:
Kerscher tritt zurück. Neuer Präsident wird der
Reifenhändler und damalige Vizepräsident Othmar Bruckmüller. Die
Probleme wegen ausständiger Spielergehälter verschärfen sich.
November 2001:
Die Bundesliga verlangt vom FC Tirol "in den
nächsten Wochen" ein detailliertes Sanierungskonzept.
März 2002:
Kolportierter Schuldenstand: 13 Millionen Euro. Die
Spieler erhalten die Dezember-Gehälter dank einer Finanzspritze der
Raiffeisen-Landesbank Tirol. Hätten die Kicker kein Geld gesehen,
wären sie kostenlos frei gewesen.
April 2002:
Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft nimmt das geplatzte
Geschäft im Parker Leasing genauer unter die Lupe und beginnt mit
Ermittlungen gegen Ex-Präsident Kerscher und weitere
Vorstandsmitglieder. Bruckmüller unterschreibt ein Dokument, wonach
er persönlich bis 30. Juni 2002 für alle Schulden des Vereins haftet.
Der FC Tirol erhält die Lizenz für die Saison 2002/03, allerdings
unter einigen Auflagen. So müssen unter anderem bis 31. Mai 4,5
Millionen Euro aufgebracht werden. Walter Hintringer, Chef des
Tiroler Kreditschutzverbandes: "Der FC Tirol ist insolvent"
Mai 2002:
Weitere Ultimaten verstreichen, die Spieler sehen kein
Geld. Gilewicz und Panis verlassen das sinkende Schiff und wechseln
angeblich ablösefrei zur Austria. Der langjährige Gönner Gernot
Langes-Swarovski, in den der Tirol-Vorstand große Hoffnungen auf eine
Geldspritze setzte, übergibt den Firmenvorsitz an seinen Sohn
Andreas. Der neue Chef will den Innsbruckern nicht unter die Arme
greifen: "Swarovski wird den FC Tirol sicher nicht unterstützen."
RLB-Chef Fritz Hakl erklärt seine Sanierungsbemühungen für beendet.
"Den FC Tirol kann nicht einmal mehr ein Wunder retten."
4. Juni 2002:
Manager Robert Hochstaffl wird wegen des Verdachts
auf
schweren Betrug, Untreue, Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen,
Nichtabführung von Dienstnehmerbeiträgen und Abgabenhinterziehung
verhaftet.
6. Juni 2002:
Der Senat 5 der Bundesliga entzieht den Tirolern die
unter Auflagen erteilte Lizenz für die kommende Saison.
(APA)