Bratislava - Von Dienstagabend verschob sich der Termin auf Mittwochfrüh und dann auf 14 Uhr. Dementsprechend groß war die Spannung, als Robert Merva, der Pressesprecher des slowakischen Privatisierungsministers, verlautbarte: "Die Ministerin für öffentliche Verwaltung und Privatisierung des Nationalvermögens der Slowakei, Maria Machova, hat die Empfehlung der Auswahlkommission betreffend einen strategischen Investor für den Kauf von 87,18 Prozent der Aktien der Slovenska Sporitelna akzeptiert": Die Erste Bank erhielt den Zuschlag für die Mehrheit an der größten slowakischen Bank, der Slovenska Sporitelna. Wie Merva weiter mitteilte, hatte die Erste Bank einen Kaufpreis von 425 Mio. Euro (5,85 Mrd. S) geboten. Ursprünglich war vom Ministerium angekündigt worden, dass überhaupt noch keine Preisinformationen genannt werden. Denn formell fällt die Entscheidung über den tatsächlichen Verkauf erst bei einer Regierungssitzung am Mittwoch nächster Woche, dem 20. Dezember. Tatsächlich aber gilt als sicher, dass die Regierung den ihr von Machova vorgelegten Vorschlag annehmen wird. Der laut Robert Merva von der Erste Bank gebotene Kaufpreis liegt etwas niedriger als die optimistischen Schätzungen slowakischer Analysten, die zuletzt von einer Kaufsumme von zirka 20 Mrd. Kronen (460 Mio. EURO) für den Anteil von 87,18 Prozent ausgegangen waren. Allgemeine Übereinstimmung herrschte unter Fachleuten schon im Vorfeld der Entscheidung darüber, dass nicht der Preis allein den Ausschlag geben werde. Für die Erste Bank spricht, dass sie bereits die tschechische Schwesterbank des slowakischen Marktführers, die Ceska Sporitelna, erworben hat, was sicherlich Synergien ermöglicht. 7000 Mitarbeiter Die Slovenska Sporitelna kam 1999 auf eine Bilanzsumme von 172,8 Mrd. slowakischen Kronen. Derzeit beschäftigt sie fast 7000 Mitarbeiter und hält mit 1,8 Millionen Kunden ein Drittel des slowakischen Marktes. Auch die mit 150 Mrd. Kronen Bilanzsumme 1999 zweitgrößte slowakische Bank, die Allgemeine Kreditbank (VUB), soll privatisiert werden. Dieses Privatisierungsverfahren ist allerdings zweigeteilt: Bis zum Jahresende wird ausschließlich mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Weltbank-Tochter International Finance Corporation über den Direktverkauf von Anteilen verhandelt. Bisher gibt sich das Privatisierungsministerium optimistisch, jeweils bis zu 26 Prozent an diese beiden Interessenten verkaufen zu können. Erst in einer zweiten Runde werden 2001 internationale Banken zur Angebotslegung für weitere Anteile eingeladen. Zweiteilung Mit dieser Zweiteilung soll auch verhindert werden, dass Sporitelna und VUB vom selben Käufer geschluckt werden könnten, der damit auf rund 60 Prozent Marktanteil käme und so im Widerspruch zu den slowakischen Antimonopolgesetzen stünde. Nicht ganz zufrieden ist die slowakische Regierung mit dem bisherigen Verlauf ihrer weiteren Bankenprivatisierungen. So langte für die Investicna a rozvojova banka (IRB - Investitions- und Entwicklungsbank) und die kleine Banka Slovakia kein einziges seriöses Angebot von einer ausländischen Bank ein, wie man in Bratislava erhofft hatte, sondern nur von Finanzkonsortien um Versicherungen und Investmentfirmen. An der IRB hatte zunächst die Bawag großes Interesse bekundet, dann aber überraschend auf eine Angebotslegung verzichtet. Zumindest den Verkauf der kleinsten Staatsbank, der Banka Slovakia, will die Regierung dennoch bis spätestens 20. Dezember, also zugleich mit der offiziellen Absegnung des Verkaufs der Sporitelna, entschieden haben, sodass beide Verkäufe schon im Jänner 2001 vollzogen werden können. (Christoph Thanei, DER STANDARD, Printausgabe, 14.12.2000)