Apple TV hätte der iPod für Couch-Potatoes werden sollen. Statt- dessen stand es im Schatten des iPhone und verkaufte sich wegen zweier Mängel kaum: Erstens brauchte es einen PC, um Apple TV im Wohnzimmer verwenden zu können. Zweitens fehlte es am Filmangebot.

Asche

Also streute Apple-Chef Steve Jobs Asche auf sein Haupt, räumte die Fehler ein und zog zu Jahresbeginn Apple TV 2 aus dem Hut. Was die kleine Schar bisheriger Besitzer besonders freut: Bisherige Geräte bekommen ein Gratis-Update.

Seit kurzem kann man Apples zweiten Anlauf zur Hochzeit von TV und digitalen Medien auf dem Schirm im Wohnzimmer unter die Lupe nehmen. Äußerlich ist die flache, schmale Box unverändert, ihre Funktion aber wesentlich anders: Vor allem hat sich Apple TV vom Computer (PC oder Mac) gelöst.

"Ausleihen"

Filme und TV-Serien präsentieren sich, dankt drahtloser Internetverbindung, als Video on Demand. Wird aus dem einfachen Menü (an den iPod angelehnt) "Film" gewählt, werden Titel ähnlich wie im iTunes- Store gezeigt; "Filmplakate" werden nach verschiedenen Kategorien ("Neu hinzugekommen", Hitparade, Genres) angezeigt, oder lassen sich nach Stichworten suchen.

Klickt man auf ein Filmplakat, erhält man Angaben zum Film, Vorschaumöglichkeit und Optionen zum "Ausleihen": Dabei wird der Film auf Apple TV heruntergeladen, kann aber schon wenige Minuten nach Beginn des Downloads angesehen werden. 30 Tage bleibt der Film gespeichert, nach Beginn der Wiedergabe sind 24 Stunden Zeit zum Anschauen - nicht sehr kundenfreundlich, wenn man den Film nicht in einer Sitzung anschaut.

Vorerst nur für den US-Markt

Dennoch: Dieses Konzept, auf das sich alle großen Filmstudios eingelassen haben, macht Apple TV erstmals für das Wohnzimmer attraktiv, wenn auch vorerst nur für den US-Markt. Verleihpreise von vier Dollar (knapp drei Euro) bzw. fünf Dollar für hochauflösende Versionen sind eine günstige Alternative zu DVD-Preisen von 20 bis 35 Euro (für Blu Ray). Weiterhin gibt es ein kleineres Angebot an Filmen zum Kauf sowie eine Fülle an US-TV-Serien. Alle Angebote sind derzeit in Englisch, und Apple hüllt sich in Schweigen darüber, wann es auch deutschsprachiges Programm machen will. Heimische Konsumenten können über eine Hintertür einkaufen: mithilfe von US-Prepaid-Karten für den iTunes-Store, die man sich von Freunden aus den USA mitnehmen lassen kann. Eigene Medien

Apple TV 2 ist erstmals der versprochene iPod fürs Wohnzimmer

Apple TV bringt weiterhin die Medien auf den Fernseher, die am PC oder Mac lagern oder aus dem Netz kommen. Schon bisher war die Integration von YouTube-Videos gut gelungen, jetzt kommen auch Flickr-Fotos dazu: eine vergnügliche und zeitgemäße Version der Diaschau von einst. Apple TV füttert auch die Stereoanlage mit Musik. Apple TV 2 ist erstmals der versprochene iPod fürs Wohnzimmer; wer nicht den (preiswerten) Umweg über US-Prepaid-Karten nimmt wird, dem fehlen hierzulande noch Filmangebote. Völlig überzogen sind Apples Europa-Preise, die ab 299 Euro doppelt so teuer als in den USA sind. Filme zum Ausborgen: Apple TV ist eine einfach zu benutzende Brücke in die On-Demand-Welt des Internet und zu Medien am PC oder Mac.(Helmut Spudich, DER STANDARD Printausgabe, 7. März 2008)