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EPA/FRANCK ROBICHON
Mit der PlayStation 3 und der Xbox 360 hat sich die "Konsole" aus dem Umfeld der Videospiele emanzipiert. Die leistungsstarken Mehrkern-Prozessoren sorgen nicht nur für scharfe Bilder der Masterchiefs (Halo 3) und Narikos (Heavenly Sword), sondern auch für die zunehmende Verschmelzung medialer Anwendungen.

Sowohl Sonys, als auch Microsofts Multimedia-Maschinen bieten von Haus aus die Möglichkeit, neben Spielen, auch Filme, Musik oder Fotos zu verwalten und abzuspielen. Doch selbst Sonys Blu-ray als Schlüssel zur viel gepriesenen HD-Welt konnte bislang noch nicht die Konsumenten vom Argument "weit mehr als eine Spielkonsole" überzeugen und so den Absatz unter Nichtspielern deutlich ankurbeln. Aber auch wenn HD-DVD-Medien am Markt bislang noch nicht fruchten, so scheinen sich die beiden Giganten einig: Video auf den Konsolen hat eine große Zukunft.

Und diese Zukunft ist nahe und online. Beide Konzerne bündeln zurzeit ihre Kräfte, um den Vertrieb von Filmen über ihre Online-Plattformen anzukurbeln bzw. auf die Beine zu stellen. Darüber hinaus werden die Konsolen zu Set-top-Boxen ausgestattet und mit IPTV-Angeboten gekoppelt.

Videothek

Microsoft etwa bietet in den USA seit November 2006 auf seinem Xbox Live Marktplatz neben Spiel-Demos und der kostenpflichtigen Mehrspieler-Funktion auch Filme und Serien an. Die Inhalte von Studios wie Paramount Pictures, CBS, TBS, MTV Networks, NBC, und Warner Bros. Home Entertainment können gekauft oder gemietet werden. Während Serien permanent auf der Festplatte bleiben dürfen, laufen Filme nach einer bestimmten Zeit ab. Auch HD-Versionen der neuesten Blockbuster lassen sich ausleihen. Diese sind jedoch mit rund 6 Dollar pro Stück doppelt so teuer, wie ihre Ebenbilder in gewöhnlicher TV-Qualität. Der Europa-Start wurde mittlerweile mehrere Male angekündigt. Letzter Stand der Dinge ist Ende 2007.

Fernsehen aus Redmond

Neben dem Download-Angebot kursieren seit einigen Monaten bereits Meldungen zu einem bevorstehenden IPTV-Start. Auf der vergangenen Consumer Electronic Show in Las Vegas Anfang des Jahres gewährten die Redmonder einen ersten Einblick in ihren kommenden Service.

(Anm.: Eine Demo sehen Sie hier)

Zusammen mit Internet Service Providern (ISP) will man die Xbox zur Set-top-Box wandeln, die wie ein Receiver digitales Fernsehen ermöglicht. Der ISP speist gegen eine monatliche Gebühr ihren Anschluss mit TV- und Video-Inhalten, die sie über die Konsole verwalten und ansehen. Dafür stehen dann - aus dem Xbox-Menü heraus - Funktionen wie Video-Recorder oder ein elektronischer Programmführer (EPG) bereit. Video-on-Demand ist so auch eine Option. Kürzlich sind Gerüchte aufgekommen, wonach der Dienst schon im nächsten System-Update integriert wird. Offizielles zu Terminen oder Partnerschaften mit Telekommunikations-Unternehmen hatte man bis dato jedoch noch nicht verlautbart.

Der Schritt in diese Richtung kommt auch nicht von ungefähr. Microsoft ist bereits Partner und Softwarehersteller für IPTV-Lösungen von zahlreichen Providern weltweit. Unter anderem nutzen AT&T, die British Telecom oder die Deutsche Telekom die Microsoft-Mediaroom-Software für ihre Set-top-Boxen in den Wohnungen ihrer Kunden.

Tokyo-Show

Sony schlägt einen etwas anderen Weg ein. Unbestritten ist immer noch das eigene Bestreben seine vielseitigen Inhalte der Medien-Töchter Sony-BMG und Sony Pictures in einem eigenen Online-Vertriebssystem kanalisieren zu wollen. Den direkten Kampf gegen Apple am Online-Musik-Markt hat man indes mit der Einstellung des eigenen Connect-Dienstes aufgegeben. Doch will man laut Unternehmens-Chef Howard Stinger am Video-Sektor nicht den gleichen Fehler machen wie zuvor.

Und während auch Apple und Microsoft ihre Finanzen auf den von Analysten propagierten Zukunftsmarkt "Online-Videos" richten, stehen die Chancen für den ins Wanken geratenen japanischen Elektronikkonzern laut den Marktbeobachtern gut. Nicht nur verfügt man mit der PlayStation 3, der PlayStation Portable und den Bravia-Fernsehern über drei Plattformen, sondern verfügt auch noch über exklusive Inhalte aus den eigenen Studios. So ist auch anzuzweifeln, dass Sony das Online-Musik-Geschäft zur Gänze abgeschrieben hat. Denn ein wesentlicher Bestandteil des kommenden Titels des Multimillionen-Dollar Franchise "SingStar" ist ein umfangreicher Music-Store gefüllt mit tausenden kostenpflichtigen Musik-Videos.

Spielend Fernsehen

Zu dem Download-Service gab der Konzern bislang noch nichts Konkretes von sich. Allerdings stellte man für die beiden Konsolen auf der vergangenen Games Convention in Leipzig "PlayTV" vor, das schon Anfang 2008 auf den europäischen Markt kommen soll. Dabei handelt es sich um eine kleine DVB-T-Set-top-Box die an die PS3 angeschlossen wird, mit deren Hilfe die Konsole zum Receiver wird. Die PS3 verfügt dann über zwei HD-TV-taugliche Tuner, mit denen dann gleichzeitig verschiedene Programme aufgezeichnet und gesehen werden können. Sony verspricht ein einfaches und übersichtliches Interface, sowie einen schnellen elektronischen Programmführer (EPG2). Ob auch Versionen für Sat- und Kabel-Anschlüsse kommen werden, ist noch nicht bekannt. Die ersten Länder, in denen das Gerät verkauft wird, sind England, Frankreich, Italien, Deutschland und Spanien.

(Anm.: Eine Demo sehen Sie hier)

Verbunden bleiben

Doch die Funktionalität geht noch einen Schritt weiter. Über WLAN kann das Programm direkt auf die PSP gestreamt werden, aber auch aufgezeichnete Inhalte lassen sich auf diese Weise ansteuern. Für Reisen können die Inhalte auf der PS3 über USB auf die Handheld-Konsole übertragen werden.

IPTV

Neben "gewöhnlichem" Fernsehen hat Sony genau wie Microsoft auch IPTV ins Auge gefasst. In Korea soll bereits im November in Zusammenarbeit mit KT eine entsprechende Lösung ausgeliefert werden. KT nutzt die PS3 als multifunktionale Set-top-Box anstelle konventioneller Receiver, um sein "Mega TV"-Angebot auszustrahlen.

Aussichten

Laut einer Studie von Parks Associates dürften sich die intensiven Bemühungen der Konzerne abseits eines Totalversagens in jedem Fall bezahlt machen. Der Markt für Video-Downloads wächst laut den Prognosen der Marktforscher rasant. Werden für 2007 die Einkünfte durch dieses Geschäftsfeld weltweit noch mit 2 Milliarden Dollar beziffert, erwartet man 2010 bereits ein Volumen von knapp 8 Milliarden Dollar. Die Investitionen in ein fruchtbares Ökosystem können demnach nicht früh genug getätigt werden. (Zsolt Wilhelm)