Fujifilm X100 VI
Kompaktkameras mit großen Sensoren erfreuen sich aktuell großer Beliebtheit, weshalb auch andere Modelle in den letzten Monaten ausverkauft waren.
Fujifilm

Die retroinspirierte X100-VI-Digitalkamera von Fujifilm ist seit Wochen vergriffen und nicht bestellbar. Die Schuld sahen viele im kürzlichen Tiktok-Hype, DER STANDARD hat berichtet, der für die erhöhte Nachfrage gesorgt hat. Parallel dazu wurden allerdings Stimmen laut, das japanische Unternehmen habe künstlich diese Knappheit hervorgerufen, um den Hype anzufachen.

Der Druck war nun offenbar so groß, dass Fujifilm in einer öffentlichen Stellungnahme betonte, dass dem nicht so ist und die Produktion sogar erhöht wurde.

Nachfrage übersteigt Angebot

Ende Februar hätte die X100 VI bereits sowohl im Handel als auch online erhältlich sein sollen, nachdem sie kurz davor von Fujifilm angekündigt worden war. Als Preisempfehlung gab der japanische Hersteller 1799 Euro an. Aber auch Monate nach der angeblichen Veröffentlichung ist es unmöglich, die Kamera zu bekommen. Lediglich bei Onlinemarktplätzen ist sie zu überteuerten Preisen erhältlich.

Fujifilm X100 VI
Nur auf Onlinemarktplätzen ist die Kamera derzeit für überhöhte Preise zu haben.
Willhaben/Screenshot

Bei Fujifilm kann man sich die Situation offenbar nicht erklären. Die Situation rund um die Lagerbestände sei "normal", ließ man in einer Q&A-Session bereits Mitte März wissen. Wie Leica bei der M11 würde man ebenfalls das Ziel haben, den Preis der hochwertigen Kamera möglichst stabil zu halten. Diese Stellungnahme wurde auf mehreren Onlineplattformen so interpretiert, dass Fujifilm diese Knappheit künstlich herbeiführen würde, um den Preis der Kamera hoch zu halten.

In einem Interview mit Petapixel erklärte Fujifilm-CEO Teiichi Goto, dass man in einer perfekten Welt immer ausreichend Produkte für die jeweilige Nachfrage hätte. "Wir sind sehr erfreut über die positive Resonanz auf die X100 VI und arbeiten weiterhin hart daran, dass jeder Kunde, der eine X100 VI bestellt, eine bekommt." Man freue sich über die Unterstützung der Community und die entgegengebrachte Geduld. Man werde die "Produktion beschleunigen, um die Nachfrage zu befriedigen", erklärt Goto.

Er widerspricht auch dem Vorwurf, man würde die Produktion absichtlich gering halten. Aktuell produziere der Konzern rund 15.000 Einheiten der Kamera pro Monat. Das seien doppelt so viele wie beim Vorgängermodell.

Faszination Kompaktkamera

Warum so viele Leute im Jahr 2024 noch eine solche Faszination für Kompaktkameras entwickeln können, ist für viele unverständlich. Apple, Samsung und Co rühmen sich jedes Jahr damit, einen irren Aufwand zu betreiben, um die verbauten Smartphonekameras noch besser zu machen. Tatsächlich wird ein Laie kaum noch Unterschiede zwischen den Fotos einer Smartphone- und jenen einer Kompaktkamera sehen, doch liegt der Grund dennoch woanders.

"Beim Kauf dieser Kamera geht es nicht um eine rationale Entscheidung, ob sie jetzt so viel besser ist oder das Smartphone in Sachen Bildqualität nicht doch ausreicht", erklärt Profifotograf Christian Lendl dem STANDARD. Es sei viel mehr eine ganz andere Art des Fotografierens. Ähnlich wie bei einer Leica müsse man sich auch hier "mehr mit der Kamera und der Bildgestaltung beschäftigen". Dieses Modell stelle bewusst eine Reminiszenz an die analoge Ära dar, auf die viele anspringen würden. Die Gründe sind laut Lendl vielschichtig.

"Entweder aus eigener Erinnerung, Erinnerung an die fotografierenden (Groß-)Eltern oder einfach, weil der geschickt im Marketing verpackte Retrochic sie erreicht hat", würde man solch eine Kamera auch zu einem hohen Preis kaufen. Und es gebe natürlich auch immer jene, die sich gern mit stylischem und teurem Equipment schmücken – unabhängig davon, ob sie auch damit umzugehen wissen, erklärt Lendl.

Die Nachfrage nach solchen Kompaktkameras wird deshalb wohl bestehen bleiben und weiterhin für eine Knappheit bei ausgewählten Modellen sorgen. (aam, 5.7.2024)