"Die SPÖ ist für erneuerbares Gas", betonte die SPÖ. Gegen das Erneuerbares-Gas-Gesetz stimmte sie trotzdem.
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Wien – Das Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) hat es am Donnerstag nicht durch den Nationalrat geschafft. Schließlich war dafür eine Zweidrittelmehrheit notwendig, die Regierung konnte die SPÖ trotz eines neuen Entwurfs aber nicht mehr von dem Gesetz begeistern. Damit sollten Gasversorger verpflichtet werden, fossiles Erdgas schrittweise durch Biogas zu ersetzen. Die SPÖ befürchtete hohe Kosten für Haushalte, die FPÖ sah ein Modell mit zu hohen Förderungen.

Es gebe Bereiche in der Industrie, wo man auf Gas nicht verzichten könne, betonte Lukas Hammer (Grüne) die Bedeutung des Gesetzes. Laut Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) würde es Klimaschutz und den Ausstieg aus russischem fossilem Gas fördern. Für den Beschluss hätten die Koalitionsparteien die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ benötigt. Seitens der Opposition sagten einzig die Neos während der Debatte ihr Ja zu. Karin Doppelbauer sprach von symbolischer Zustimmung. Sie kritisierte das Quotenmodell, man müsse aber etwas tun, um von russischem Gas unabhängiger zu werden. Schließlich stimmten 106 Abgeordnete dafür und 63 Abgeordnete dagegen.

SPÖ warnt vor Kostenexplosion

"Die SPÖ ist für erneuerbares Gas", stellte Alois Schroll (SPÖ) seiner Rede voran. Die Partei ließ sich durch einen abgewandelten Entwurf nicht überzeugen. Für die Sozialdemokraten stand die Frage im Vordergrund, wer für die Mehrkosten für das eingespeiste Biogas aufkommen muss. Auch hatten die Arbeiterkammer (AK), die Wirtschaftskammer (WKO) und die Industriellenvereinigung (IV) zuvor vor hohen Kosten gewarnt. Übergewinne könnten durch das Gesetz erwirtschaftet werden, meinte Schroll, während Haushaltskunden, Klein- und Mittelbetriebe aber eine Kostenexplosion zu erwarten hätten. Axel Kassegger (FPÖ) meinte, das Modell arbeite mit zu hohen Förderungen, beinhalte "zu viel Ideologie" und "zu wenig Ökonomie". Erneuerbares Gas sei allerdings grundsätzlich gut, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu senken.

Enttäuscht zeigte sich Hammer von der Haltung der beiden Oppositionsparteien. Die FPÖ setze statt auf heimische Arbeitsplätze auf Gasimporte aus dem Ausland. Mit dem Abänderungsantrag würde bei neuen Anlagen ausschließlich auf Abfälle und Reststoffe, nicht auf Lebensmittel als Brennstoffe gesetzt, sagte er in Richtung der SPÖ. Diese hatte die Verwendung von Lebensmittel zuvor kritisiert. Ab 2035 dürfen demnach auch bei bestehenden Anlagen kein Mais und Getreide mehr verwendet werden. Georg Strasser (ÖVP) lobte das Gesetz als marktorientiert. Im Vorfeld hatten sich unter anderem Umweltschutzorganisationen, die Landwirtschaft und die Biogasbranche für den Beschluss des Gesetzes starkgemacht.

Die erforderliche Verfassungsmehrheit – und zwar mit der FPÖ und der SPÖ, aber ohne die Neos – gab es hingegen für einen "Made in Europe"-Bonus in Sachen Photovoltaik. Vorgesehen sind Investitionszuschüsse für größere Photovoltaikanlagen und Stromspeicher. Über Verordnungen der Umwelt- und Energieministerin im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsminister soll ein Zuschlag von 20 Prozent der Fördersumme gewährt werden können. Kostennachteile europäischer Hersteller gegenüber unfairen Marktbedingungen sollen so ausgeglichen werden.

Gemischte Reaktionen

Das Aus für das Erneuerbare-Gas-Gesetz im Nationalrat hat für gemischte Reaktionen gesorgt. Bauernbund-Präsident und ÖVP-Agrarsprecher Strasser übte scharfe Kritik an den beiden Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ, die ihre Zustimmung verweigerten. Eine Überarbeitung der Gesetzesvorlage bis zum nächsten Herbst forderte die Arbeiterkammer. Die Interessensvertretung Kompost & Biogas Verband Österreich sprach von "Scheinargumenten" der Gegner.

"Wenn es wirklich darauf ankommt, fallen die Freiheitlichen den Bäuerinnen und Bauern ein ums andere Mal in den Rücken", sagte Strasser laut Aussendung. Es sei eine "klare Entscheidung der FPÖ für die Abhängigkeit von Erdgas aus Russland und gegen die nachhaltige Nutzung von heimischem Biogas aus Reststoffen" gewesen. In Richtung SPÖ erklärte der Bauernbund-Präsident, man habe "selbstverständlich die Situation der österreichischen Haushalte sowie der Klein- und Mittelbetriebe bedacht".

Enttäuscht zeigte sich Hammer allen voran von der SPÖ. "Anstatt gemeinsam an Lösungen für die Energieunabhängigkeit Österreichs zu arbeiten, wird hier eine weitere historische Chance im Kampf gegen die Klimakrise und die Abhängigkeit von russischem Gas vertan", sagte Hammer laut Aussendung.

Tobias Schweitzer von der Arbeiterkammer bezeichnete hingegen den diskutierten Vorschlag als "ineffizient". Er würde "zu unmutbaren Kosten für Haushalte und Kleingewerbe führen", so Schweiger laut Aussendung. "Laut unseren Berechnungen könnten dadurch bis 2030 jährliche Zusatzkosten von 160 bis 260 Euro pro Haushalt entstehen." Grundsätzlich sprach sich die Arbeiterkammer für das Biogas-Gesetz aus und fordert einen überarbeiteten Vorschlag bis zum nächsten Plenum im Herbst.

Global 2000: "Schwarzer Tag für die Energiewende"

Die Argumente von den "immensen Mehrkosten" für Haushaltskunden würden in der Letztfassung des Entwurfs "einfach nicht mehr zutreffen", heißt es hingegen in einer Aussendung des Kompost & Biogas Verband Österreich. Ebenso die Befürchtung der "Lebensmittelvernichtung in Biogasanlagen", da Neuanlagen nur mehr Abfälle und Reststoffe einsetzen dürfen. "Letztlich haben jene Teile ihren Willen durchgesetzt, die weiter mit russischem Gas Geschäfte machen wollen und auf staatliche Förderungen hoffen, wenn es wieder Probleme mit der Gasversorgung und den hohen Gaspreisen gibt", sagte Norbert Hummel von der Interessensvertretung.

Die Umweltorganisation Global 2000 sprach von einem "schwarzen Tag für die Energiewende" in Österreich. "Freuen kann sich heute nur die fossile Energielobby, für Österreich bringt die Entscheidung viele Nachteile", so Johannes Wahlmüller laut Aussendung. "Wir verlieren an Energieversorgungssicherheit, lassen Chancen für die regionale Wertschöpfung gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ungenutzt und gleichzeitig werden hohe Treibhausgasemissionen einfach hingenommen, was Milliardenschwere Strafzahlungen zur Folge haben kann."(APA, red, 5.7.2024)