Die Krankenstandstage in Österreich haben einen neuen Höchststand erreicht: 15,4 Tage waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2023 durchschnittlich krankgemeldet – ein Rekordwert seit Beginn der Aufzeichnungen in den 1970er-Jahren.

Zum Teil ist der Anstieg wohl bloß statistischer Natur: Seit August 2022 zählt eine Covid-19-Infektion als "normaler" Krankenstand. Der Befund der Wirtschaftskammer, dass die Corona-Maßnahmen das Immunsystem geschwächt hätten, steht hingegen auf wackligen Beinen. Denn eine "Immunschuld" gibt es so nicht.

Nicht überall bekommen Arbeitnehmende weiterhin ihren Lohn, wenn sie krank sind. In den USA zählt "sick leave" etwa als Benefit und muss erst erstritten werden - wie hier von der Belegschaft des Flughafens Washington.
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Krank in die Arbeit

Eine ganz andere Ursache sieht hingegen die Salzburger Wirtschaftskammer – und liefert gleich die Lösung dazu: Der Missbrauch von Krankenständen nehme zu, deshalb solle es für den ersten Krankheitstag keinen Lohnersatz mehr geben. Der koste Unternehmen nämlich durchschnittlich 250 Euro.

Das wäre eine Annäherung an die Zustände, wie sie etwa in den USA herrschen. Dort hat nur rund die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf "sick leave", also die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das führt dazu, dass sich Menschen auch krank in die Arbeit schleppen – nicht nur während Pandemien ein gefährlicher Brandbeschleuniger.

Wer hingegen erwiesenermaßen "krankfeiert", muss bereits heute, zu Recht, mit ernsten Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen. Statt den Arbeitnehmenden mühsam erkämpfte Grundrechte zu streichen, sollten Unternehmensvertreter fragen, was ihre Mitarbeitenden so krank macht, und an der Gesundheit ihrer Belegschaft arbeiten. Etwa durch ein besseres betriebliches Gesundheitsmanagement, das den Fokus auf Prävention legt – und auch mentale Gesundheit ernster nimmt. (Philip Pramer, 5.7.2024)