Die Arbeitslosigkeit unter Journalistinnen und Journalisten ist gegenüber dem Vorjahr massiv gestiegen. Fast 15 Prozent mehr Menschen waren im Juni 2024 beim AMS in der Gruppe der Journalisten und Schriftstellerinnen als arbeitslos oder in Schulung gemeldet als im Vorjahr – 876 nach 764 vor einem Jahr.

Journalistinnen und Journalisten im engeren Sinn machen – je nach Definition – rund 539 davon aus. Ihre Arbeitslosenzahl stieg von 468 im Juni 2023 um gut 13 Prozent zum aktuellen Juni-Wert 2024.

Schreibtisch mit Tastatur, PC, Telefon
Tastatur verwaist: Arbeitslosigkeit unter Journalistinnen und Autoren stieg kräftig um fast 15 Prozent.
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Kürzungen bei großen Medienhäusern

Eine Reihe großer Medien und Medienhäuser haben in den vergangenen Monaten teils massiv ihr redaktionelles Personal reduziert, das neben Journalistinnen und Journalisten auch technische Redakteure und Redakteurinnen (etwa im Layout) umfasst. Der Kurier kürzte seine zunächst mehr als 200 Personen umfassende Redaktion seit Anfang 2023 in zwei Schritten um rund 60 Personen; die Kronen Zeitung, ebenfalls Teil des größten österreichischen Verlagskonzerns Mediaprint, kündigte eine Reduktion um rund 40 Personen in diesem Frühjahr an. Auch die Kleine Zeitung (Styria Media Group) und DER STANDARD sparten 2023 am redaktionellen Personal.

Ende 2023 berichtete Lydia Ninz noch von 695 als arbeitslos oder in Schulung gemeldeten Journalistinnen und Autoren. Die frühere STANDARD-Redakteurin Ninz ist Geschäftsführerin der Beratungsinitiative "Ajour – Arbeit für JournalistInnen", die arbeitslosen Journalistinnen und Journalisten bei der Suche nach neuen Berufsperspektiven hilft. Nun hat die Arbeitslosenstatistik für diese Berufsgruppen laut AMS 876 Personen erreicht.

Arbeitslosenquote von rund 17 Prozent

Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr beschreibt Ninz als "leider sehr stark": "Wenn man davon ausgeht, dass in Österreich rund 5000 Leute hauptberuflich vom Journalismus leben, entspricht dies einer Arbeitslosenquote von rund 17 Prozent!"

Die Initiative Ajour wurde gerade von den Trägern um ein Jahr verlängert. "Das heißt, wir dürfen ab 1. August 2024 ein Jahr lang wieder 80 arbeitslose Journalisten coachen", sagt Ninz. "Es gibt einen großen Andrang, da wir seit vier Monaten ja ausgebucht waren."

Vor acht Jahren wurde Ajour wegen steigender Arbeitslosigkeit im Journalismus als gemeinsame Initiative von Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Presseclub Concordia und Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) gegründet. Das Arbeitsmarktservice (AMS) unterstützt die Initiative.

Die AMS-Systematik für Journalisten und Schriftstellerinnen umfasst naturgemäß auch einige Berufsgruppen, die nicht zwingend im engeren Sinne zum Journalismus gezählt werden. Pressereferenten und Redenschreiberinnen, Script-Consultants oder Software-Lektoren, Korrektorinnen und Lektoren, Drehbuchautorinnen und Dramaturgen zum Beispiel, die vom AMS in diesen Bereich gezählt werden.

Eine sehr große und stark angewachsene Gruppe machen in diesem AMS-Berufsbereich Social-Media-Managerinnen und -Manager aus. Diesen Job gibt es auch, aber nicht alleine in Redaktionen und mit redaktionellen Aufgaben im journalistischen Sinne. Verlagsangestellte und Verlagsassistenten sind nicht zwingend redaktionell tätig.

Wie das AMS die Jobs und ihre Aufgaben definiert, beschreibt das AMS-Berufslexikon.

"Völlig neu orientieren"

Ajour-Managerin Ninz beschreibt den aktuellen Trend bei Jobverlust im Journalismus so: "Arbeitslose Kollegen und Kolleginnen müssen sich derzeit beruflich meistens völlig neu orientieren. Das kann durchaus gelingen, wenn man sich zuvor genau anschaut, in welcher Situation sich die Leute befinden, welche Ressourcen und Interessen sie haben. Manche versuchen es jetzt auch als Lehrer und Lehrerinnen oder als Fremdenführer (derzeit stark gesucht) oder im Beschwerdemanagement von Institutionen." (fid, 5.6.2024)