E-Autos-Fracht
Nach vier Monaten müssen die EU-Staaten entscheiden, ob sie die Strafzölle permanent einführen.
AFP/STR

EU-weit/Brüssel – Die EU-Kommission führt vorläufige Strafzölle gegen in China produzierte Elektroautos ein, die nach Europa importiert werden. Peking zahle den Autobauern unfaire Subventionen und verzerre damit den Wettbewerb, begründet die Brüsseler Behörde den Schritt. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen nun innerhalb von vier Monaten entscheiden, ob die Strafzölle definitiv eingeführt werden. Diese würden dann für fünf Jahre gelten.

Zusätzlich zu bestehenden Einfuhrzöllen

Die Strafzölle betragen zwischen 17,4 und 37,6 Prozent je nach Hersteller und kommen zusätzlich zu bestehenden Einfuhrzöllen in Höhe von zehn Prozent für E-Autos. Nachdem die Strafzölle nur vorläufig gelten, müssen die Zollbehörden sie ab morgen (5. Juli) in Form einer Garantie einfordern. Je nachdem, wie die EU-Staaten im Herbst entscheiden, wird diese einbehalten oder wieder freigegeben. Möglich ist auch, dass die EU-Kommission und China den Handelsstreit bis dahin auf dem Verhandlungsweg beilegen.

Die vorläufigen Strafzölle wurden entsprechend der Höhe an Subventionen für verschiedene Autohersteller berechnet: Für BYD soll ein Importzoll von 17,4 Prozent gelten, von Geely (Volvo-Pkw) werden 19,9 Prozent eingefordert und von dem staatlichen chinesischen Volkswagen-Partnerkonzern SAIC 37,6 Prozent. Andere Autohersteller, die bei der EU-Untersuchung kooperiert haben, sollen von einem durchschnittlich gewichteten Zollsatz von 20,8 Prozent betroffen sein. Auf E-Autos von Herstellern, die nicht kooperiert haben, soll ein Zoll von 37,6 Prozent eingehoben werden.

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Wifo rechnet mit geringen Preissteigerungen

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) rechnet nicht damit, dass die vorläufig geltenden EU-Zölle auf chinesische Elektroautos langfristig mit starken Preissteigerungen in Europa einhergehen werden. Mit Steigerungen um durchschnittlich 0,3 bis 0,9 Prozent sollten diese eher gering ausfallen. Allerdings könnten die "Effekte kurzfristig höher sein", so die Wirtschaftsforscher in der Analyse, die das Wifo gemeinsam mit dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) und dem Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) erstellt hat.

Eine Chance eröffnen die Zölle für europäische Autobauer. "Die Wertschöpfung in der EU-Autoindustrie wird voraussichtlich um 0,4 Prozent steigen, während sie in China um 0,6 Prozent sinken wird", erklärt Julian Hinz, Forschungsdirektor Handelspolitik am IfW Kiel. Generell rechnen die Ökonomen damit, dass der Rückgang bei den Einfuhren durch mehr Verkäufe europäischer Produzenten in der EU und teilweise durch mehr Importe aus Drittländern ausgeglichen wird.

Harte Gegenmaßnahmen aus China befürchtet

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr begrüßt die Bestimmungen, warnt die Entscheidungsträger in Brüssel aber vor einer drohenden Eskalationsspirale mit China. "Prinzipiell reagiert die EU zu Recht mit Ausgleichszöllen auf die verzerrenden Handelspraktiken Chinas, gleichzeitig sollte die EU alles tun, um ein Verhandlungsergebnis zu erzielen (...)." Dafür sei bis Anfang November 2024 Zeit, dann würden die definitiven Zölle verhängt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt müsse die Kommission "auch die in manchen Mitgliedsstaaten existierenden Zweifel an ihrer Methode ausräumen und gegebenenfalls die Ausgleichszölle anpassen".

Die Zölle auf Elektroautos gelten unter Ökonomen und Teilen der Wirtschaft als umstritten. Befürchtet werden harte Gegenmaßnahmen aus China. Im Raum steht etwa die Anwendung von Antidumpingzöllen in Höhe von 50 Prozent auf Schweinefleischlieferungen aus der EU. "Das wäre für Schweinebauern vor allem in Dänemark, Spanien und Deutschland unangenehm. Weil die Exporte aber seit einigen Jahren deutlich sinken, würde diese Maßnahme wohl nur geringe Auswirkungen auf den Wohlstand in der EU haben", schätzt das Wifo. Felbermayr: "Mit Gegenzöllen, ob sie nun legitim sind oder nicht, war zu rechnen. Dass China bisher aber keine schärferen Waffen zückt, zeigt, dass es verhandlungsbereit ist." (APA, 4.7.2024)