Es gibt drei rechtliche Grundvoraussetzungen für den mächtigsten Job der Welt: Man muss als US-Bürger geboren sein, zuletzt 14 Jahre dort gelebt haben und mindestens 35 Jahre alt sein. Keine rechtliche, aber eine intrinsische Voraussetzung für das Amt des US-Präsidenten ist, dass man den Job auch will. Und genau daran dürfte es bei Michelle Obama scheitern.

Die 60-jährige ehemalige First Lady der USA liegt in einer Ipsos-Studie von Anfang Juli zwar klar voran, wenn es darum geht, wer von den potenziellen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump hypothetisch schlagen könnte. Doch Michelle Obama hat mehrmals kongruent betont, dass sie diesen Job einfach nicht möchte. Auch schon vor vier Jahren, als Joe Biden erstmals Trump besiegte. "Man muss es im Herzen spüren, weil der Job so wichtig ist. Ich spüre es nicht", sagte sie erst vergangenes Jahr in einem Netflix-Spezial mit Starmoderatorin Oprah Winfrey. Ein Jahr zuvor gab sie an, Fragen zum Thema einer potenziellen Kandidatur zu "hassen".

Während in der zu erwartenden Auseinandersetzung zwischen Joe Biden und Trump die Kontrahenten gleichauf liegen, erzielt dennoch nur Michelle Obama mit 50 Prozent zu 39 Prozent einen klaren Erfolg gegen den gefürchteten Ex-Präsidenten.

TV-Duell: Biden entsetzt selbst Demokraten, Trump lügt
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Schwächelnde Herausforderinnen

Trotz ihres dezidierten Neins taucht Obamas Name immer wieder in den Medien auf. Dass Michelle Obama nie ein politisches Amt innehatte, wenngleich sie an der Seite ihres Mannes unheimlich viel über die Präsidentenrolle lernte, gilt einigen Experten als No-Go für eine Präsidentschaftskandidatur. Zumindest in Umfragen tut das der als Speakerin und Buchautorin um die Welt reisenden Mutter zweier erwachsener Töchter aber keinen Abbruch. Noch dazu hatte auch Donald Trump vor seiner Wahl zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten kein politisches Amt inne.

Alle weiteren Kandidatinnen und Kandidaten, deren Namen zuletzt die Runde machten, etwa die amtierende US-Vizepräsidentin Kamala Harris (minus ein Prozentpunkt), der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom (minus drei) oder die in Michigan regierende Gouverneurin Gretchen Whitmer (minus fünf), weisen in der Ipsos-Umfrage, die nach dem für Joe Biden verheerenden Wahlduell durchgeführt wurde, hingegen Rückstände auf. Nun könnten abseits der sehr bekannten Harris freilich vor allem Newsom und Whitmer durch nationale Aufmerksamkeit und gute Last-Minute-Kampagnen in der nationalen Gunst der Wählerschaft noch steigen und im direkten Duell mit Trump vielleicht noch zulegen. Schwieriger dürfte das schon für die notorisch unbeliebte Harris werden, die in vier Jahren Vizepräsidentschaft ihr Profil nicht deutlich genug schärfen konnte.

Notfallplan

Noch dürfte Joe Biden seine Gouverneure jedenfalls großteils im Griff beziehungsweise auf seiner Seite haben. Am Mittwoch kam es im Weißen Haus zu einem Treffen mit 24 demokratischen Gouverneuren. Dabei sei offen über die schwache Performance des Amtsinhabers in der jüngsten TV-Debatte diskutiert worden, wie der Gouverneur von Maryland, Wes Moore, bei einer anschließenden Pressekonferenz sagte. Aber: "Der Präsident hat uns immer Rückendeckung gegeben. Wir werden auch ihm den Rücken stärken", sagte er stellvertretend.

Mit Raul Grijalva aus Arizona scherte am Mittwoch erst der zweite Kongressabgeordnete aus dem demokratischen Gefüge aus. Er forderte Biden auf, seine Bewerbung zurückzuziehen. Der als "Königsmacher" der Demokraten geltende Jim Clyburn hat zumindest mal einen Fahrplan für den Notfall skizziert, sprach von "Mini-Vorwahlen" in denen wohl Platz eins und zwei, also auch der Running Mate, neu definiert werden könnten. Für den Fall sprach sich Clyburn schon mal für Harris aus.

Könnte Trump vielleicht schlagen, will aber nicht: Michelle Obama.
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Verschwörungserzählungen

Vielleicht hält sich der Name Michelle Obama im US-Präsidentschaftsrennen aber auch deshalb so konstant, weil mittlerweile auch von rechter Seite ihr Name immer wieder ins Spiel gebracht wird. Während sich Trump selbst bedroht zu sehen scheint und fälschlicherweise von "furchtbaren" Umfragen für Michelle Obama schwadroniert, streuen auch republikanische Politiker wie der texanische Vizegouverneur Dan Patrick perfide Gerüchte und Verschwörungserzählungen. Demnach plane die Familie Obama eine Präsidentschaft von Michelle schon von langer Hand. Die schlechten Wahlkampfauftritte Joe Bidens koste man nicht nur aus, sondern sorge mithilfe des "Deep State" gar selbst dafür.

Während eine Kandidatur Obamas immer noch als äußerst unwahrscheinlich gilt, ist gut möglich, dass die ehemalige Präsidentschaftsfamilie auch heuer wieder eine starke Rolle im Endspurt des US-Wahlkampfs einnehmen wird. In unterstützender Rolle – für wen auch immer. (Fabian Sommavilla, 4.7.2024)