Washington – Angesichts wachsender Bedenken innerhalb der Demokratischen Partei haben führende Gouverneure am Mittwoch ihre Unterstützung für die Wiederwahl von US-Präsident Joe Biden bekräftigt. Bei einem Treffen am Mittwoch im Weißen Haus mit 24 demokratischen Gouverneuren, sei offen über Bidens schwache Leistung in der jüngsten TV-Debatte mit seinem republikanischen Herausforderer Donald Trump gesprochen worden, sagte der Gouverneur von Maryland, Wes Moore, bei einer anschließenden Pressekonferenz. "Der Präsident hat uns immer Rückendeckung gegeben. Wir werden auch ihm den Rücken stärken", sagte er. Moore räumte ein, dass bis zur Wahl am 5. November noch viel zu tun sei, betonte aber, dass Biden entschlossen sei, im Rennen zu bleiben.

Die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, zeigte sich nach dem Treffen mit Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris zuversichtlich und bestätigte, dass alle anwesenden Gouverneure Biden ihre Unterstützung zugesagt hätten. "Der Präsident ist angetreten, um zu gewinnen", sagte sie.

Tim Walz, Gouverneur von Minnesota und Vorsitzender der Demokratischen Gouverneursvereinigung, räumte ein, dass Bidens Auftritt in der Debatte schwach gewesen sei, bekräftigte aber seine Überzeugung, dass Biden für das Amt geeignet sei. Er warnte vor den Gefahren einer weiteren Trump-Präsidentschaft, die er als "Chaos und Zerstörung" bezeichnete.

Joe Biden
Mit seinem Auftritt bei der ersten Livedebatte gegen seinen Konkurrenten Donald Trump hatte US-Präsident Joe Biden seit letzter Woche verstärkt für Diskussionen um seine geistige und körperliche Fitness gesorgt.
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Angebliche Sorge hinsichtlich Wahlkampfs

Bidens Wahlkampfteam betonte, der Präsident habe seine Entschlossenheit bekräftigt, "die existenzielle Bedrohung durch Donald Trump im November an der Wahlurne zu besiegen". Alle Teilnehmer hätten ihr Engagement erneuert, alles für einen Sieg von Biden und Harris zu tun.

Insidern zufolge hat sich Biden auch bei einem Telefonat mit seinem Wahlkampfteam entschlossen gezeigt, für die Demokraten bei der Präsidentschaftswahl anzutreten. "Ich werde kandidieren" ("I am running"), habe er am Mittwoch erklärt. Auch seine Sprecherin Karine Jean-Pierre antwortete auf die Frage, ob der 81-Jährige nach seiner weithin als schwach bewerteten Wahldebatte einen Rückzieher prüfe: "Absolut nicht."

Für Aufsehen sorgte ein Bericht der Zeitung New York Times, wonach sich Biden gegenüber einem Verbündeten über die Aussichten für seinen Wahlkampf besorgt gezeigt haben soll. Ein Biden-Sprecher wies den Bericht als "absolut falsch" zurück.

Pressekonferenz vor Weißem Haus
Die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz (rechts), und der Gouverneur von Maryland, Wes Moore, haben sich hinter US-Präsident Joe Biden gestellt.
AFP/JIM WATSON

Königsmacher für Harris als Ersatzkandidatin

Bidens Auftritt bei der ersten Livedebatte gegen Trump am Donnerstag vergangener Woche hatte Sorgen hinsichtlich seiner geistigen und körperlichen Fitness ausgelöst. Am Mittwochabend veröffentlichten die New York Times und das Wall Street Journal Umfragen, in denen der republikanische Bewerber Donald Trump übereinstimmend mit sechs Prozentpunkten vor Biden liegt. Zwar haben hochrangige Demokraten dem Amtsinhaber in den vergangenen Tagen die Treue gehalten. Am Mittwoch forderte jedoch mit Raul Grijalva aus Arizona der zweite Kongressabgeordnete Biden offen auf, seine Bewerbung zurückzuziehen, wie die New York Times berichtete.

Zudem sprach erstmals ein hochrangiger Demokrat über den möglichen Ablauf nach einem Ausscheiden Bidens. Der Abgeordnete Jim Clyburn – der den Ruf eines Königsmachers bei den Demokraten genießt – sagte dem Sender CNN, es könne "Mini-Vorwahlen" geben. Wenn Vizepräsidentin Kamala Harris als Kandidatin für die Präsidentschaftswahl antreten würde, bräuchte sie zudem selbst einen neuen Vize. "Und damit würde all das uns die Gelegenheit geben, nicht nur zu prüfen, wer an der Spitze der Liste stehen sollte, sondern auch, wer für den zweiten Platz am besten geeignet wäre." Clyburn hatte sich am Dienstag bereits für Harris als Ersatzkandidatin ausgesprochen, sollte es so weit kommen.

Hinter den Kulissen brodelt es

Auch aus Kreisen der Demokraten war in den vergangenen Tagen verlautet, Harris stehe trotz aller Vorbehalte an erster Stelle der möglichen Bewerber. Die 59-Jährige hat sich in ihrem Amt schwergetan, in Bidens Wahlkampfteam wurde sie von vielen lange als potenzielle Belastung empfunden. In einer am Dienstag veröffentlichten Erhebung von Reuters und Ipsos war sie wie Biden auch faktisch gleichauf mit Trump gelegen. Andere mögliche Kandidaten schneiden laut der Erhebung eher schlechter ab.

Vor allem hinter den Kulissen dürfte es bei den Demokraten brodeln: Biden griff für Krisengespräche selbst zum Hörer, wie das Weiße Haus mitteilte. Demnach telefonierte er am Mittwoch mit hochrangigen Demokraten wie dem Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, dem Minderheitenführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, und weiteren Parlamentariern.

Im Weißen Haus bemühte sich Bidens Stabschef Jeff Zients um Schadensbegrenzung. In einer Telefonschaltung mit mehr als 500 Regierungsmitarbeitern rief Zients übereinstimmenden Medienberichten zufolge dazu auf, den "Lärm" um Biden auszublenden und sich auf die Regierungsarbeit zu konzentrieren. Die vergangenen Tage seien eine Herausforderung gewesen. Die Fokussierung aller Mitarbeiter auf die Regierungsarbeit werde in der heißen Wahlkampfphase noch wichtiger, sagte er demnach. (APA, Reuters, red, 4.7.2024)