Europameister Ronaldo?
AFP/ANGELOS TZORTZINIS

Hier finden Sie für jeden der acht Viertelfinalisten mehr oder weniger gute Argumente:

Portugal: Ein Zeichen gegen den Jugendwahn

Der Fußball unterliegt einem fürchterlichen Jugendwahn. Kaum ist einer älter als 25 Jahre, gehört er schon zum alten Eisen. Das Spielermaterial läuft mittlerweile schneller ab als die Frischmilch im Kühlschrank. Der Transfermarkt giert nach Frischfleisch. Aber zum Glück gibt es Portugal. Sozusagen die letzte Bastion gegen Altersdiskriminierung im Profisport. Hier zeigt man noch Respekt vor den Dorfältesten. Der 41-jährige Pepe hält die Abwehr zusammen, während der 39-jährige Cristiano Ronaldo vorn eine Chance nach der anderen versemmeln darf. So sieht generationenübergreifender Zusammenhalt aus. Força Portugal! (Philip Bauer)

Europameister Kroos?
AFP/INA FASSBENDER

Deutschland: Wir wollen deutsche Europameister schlagen

Es wäre ein so schönes Endspiel geworden: Österreich gegen Deutschland - natürlich inklusive Córdoba-Ergebnis. Und jetzt ist alles vorbei, so traurig. Aber halt: Die Deutschen können ja immer noch Europameister werden. Das ist ihnen zu wünschen. Die Auswahl von Trainer Julian Nagelsmann ist eine sympathische Mannschaft, sie kämpft und rackert. Das sollte ebenso belohnt werden. Weil, man muss schließlich auch schon an die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko denken. Bis dahin haben wir uns erholt und sind noch besser. Dann wollen wir den Europameister Deutschland schlagen. (Birgit Baumann)

Europameister Yamal?
AP/Martin Meissner

Spanien: Möge der schönste Fußball gewinnen

Machen wir es uns nicht unnötig schwer, wir haben jetzt alle genug gelitten. Es wird Zeit, Spanien zu adoptieren. Die Furia Roja spielt herrlichen Fußball, hat mit Marc Cucurella den Kicker mit der spektakulärsten Frisur und muss nach den bisherigen Leistungen zumindest als Mitfavorit gesehen werden. Gibt es etwas Schöneres, als Geniestreiche der insgesamt 37-jährigen Flügelzange Williams/Yamal zu bejubeln? Oder Mittelfeld-"Computer" Rodri einmal bewundern zu dürfen, statt bei Manchester Citys Zermürbungsmaschinerie von seiner Perfektion genervt zu sein? Nicht bei dieser EM. Also los, Spanien, auf zum Titel! (Martin Schauhuber)

Europameister Bellingkane?
EPA/CHRISTOPHER NEUNDORF

England: Kampfansage an die Schöngeister

England hat sich gemausert: War man bislang vor allem bei Nostalgikerinnen und Romantikern eine Bank, ist das Team von Gareth Southgate in Deutschland zum Erzfeind der Schöngeister geworden. Auch Bellinghams fantastischer Fallrückzieher gegen die Slowakei hievte England nicht ins Spektakel: "Uninspiriert, unkreativ, saufad", bleibt als Urteil bestehen. Und sind wir uns ehrlich: Abgesehen von ein paar Ausnahmen sind die meisten Kicks auf dem Planeten genau das. England holt den Fußball nach Hause und zurück aus der Auslage auf den Boden der Tatsachen. Am 2. 8. startet endlich die Bundesliga. (Andreas Hagenauer)

Europameister Vargas?
EPA/ABEDIN TAHERKENAREH

Schweiz: Das hätten wir sein können!

Sieht man von der Achse Sommer-Akanji-Xhaka mit ihren amtierenden Meistern ab, klingen die Namen der "Nati"-Spieler wenig furchteinflößend. Doch das Team von Murat Yakin schnappt Deutschland zuerst fast den Gruppensieg weg und spielt dann Italien an die Wand. Vor 16 Jahren veranstaltete Österreich mit der Schweiz eine Euro, danach hinkte das ÖFB-Team dem Nachbarn hinterher. Gefühlt ist die Lücke zur Schweiz - trotz des Ausscheidens gegen die Türkei im Achtelfinale - so klein wie lange nicht. Wenn die Eidgenossen den Titel holen, wäre das auch ein Zeichen ans ÖFB-Team: Das hätten wir sein können! (Lukas Zahrer)

Europameister Mbappé?
IMAGO/Peng Ziyang

Frankreich: Favoriten aus gutem Grund

Zugegeben - es sind nicht die kreativsten Tipps, die ich da im STANDARD-Tippspiel abgegeben habe: Frankreich wird Europameister und stellt den Spieler (Kylian Mbappé), der die meisten Tore geschossen haben wird. Unkreativ ist das nur, weil es offensichtlich ist. Schließlich hat Frankreich ein tolles Team; mit schnellen, fantastischen Spielern. Und die Tore werden auch noch kommen. Denn Fußball ist so, wie die Franzosen ihn eigentlich beherrschen, schön anzusehen. Obwohl sich die Mannschaft aus Stars zusammensetzt, herrscht Teamgeist und Zusammenhalt - fast schon kitschig, kicken sie doch für ein tief gespaltenes Land. (Oona Kroisleitner)

Euopameister van Dijk ?
IMAGO/Simon Stacpoole

Niederlande: Pubquizfreude und sportliche Rachegelüste

Die Frage wird ein Pubquizklassiker: Gegen welches Team haben die Niederlande bei der EM 2024 auf dem Weg zum Titel die einzige Niederlage eingesteckt? Die Antwort "Österreich" wird immer mit einem Lächeln verbunden sein. Mit der Erinnerung an diesen magischen Abend in Berlin, als die Rangnick-Elf Oranje mit 3:2 niederrang. Die Niederlande bedienen auch sportliche Rachegelüste, weil sie ÖFB-Herzensbrecher Türkei rauskicken werden. Dann sollen sie gleich den Pokal holen. Andere Fußballnationen haben genug davon. Die Elftal lechzt seit 1988 danach. Feierende Oranje-Fans wären ein schöner EM-Abschluss. (Andreas Gstaltmeyr)

Europameister Demiral?
IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler

Türkei: Wenn schon geschlagen, so vom Europameister 

2021 hatte das schon was, als Österreich später festhalten konnte, im EM-Achtelfinale nur knapp am Europameister (Italien) gescheitert zu sein. Es hätte auch heuer was, nur dass der Meister dann halt Türkei heißen müsste. Wieso auch nicht? Diesmal sind allein die Vorzeichen ganz andere, Österreich war nicht krassester Außenseiter, sondern Geheimfavorit. Und einem Team, das dieses Österreich bezwang, ist auch weiterhin sehr viel zuzutrauen. Nämlich alles. Die Türkei, deren Kapitän Hakan Calhanoglu nach Gelbsperre zurückkehrt, hat enorme Leidenschaft und etliche - nicht nur bei Eckbällen - überragende Kicker. (Fritz Neumann, 4.7.2024)