Eine Fußballerin geht auf Reisen: Laura Feiersinger mit ihrer Schwester Denise.
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Es wäre nicht nur unfair, sondern schlichtweg falsch, den Schwestern Laura und Denise Feiersinger vorzuwerfen, die Gunst der Stunde auszunutzen. 2024 ist ein Jahr mit nicht nur einem Großereignis – und vor den Olympischen Spielen holt die Europameisterschaft den Fußball für ein paar Wochen in den absoluten Mainstream, er wird zum Gesprächsthema, die Zugänge verschwimmen: Fußballweckerl beim Supermarkt, Angebote beim Mobilfunkanbieter und Elektronikfachgeschäft, eigens komponierte EM-Songs im Radio, Bücher, Filme und Stickerhefte. Oder anders: Alle wollen ein Stück vom Kuchen.

Für Laura Feiersinger ist der Fußball keine Momentaufnahme, kein Wochentrip in die Aufmerksamkeit. Die Nationalteamspielerin hat vieles gesehen, vieles erlebt, die Salzburgerin zog es im Alter von 17 Jahren nach Deutschland, um dort ihren Traum der Profifußballerin zu verwirklichen – mit Erfolg. Heute ist sie 31, hat zudem Stationen in Frankfurt und Rom hinter sich, erst kürzlich wurde bekannt, dass ihr nächster Verein der 1. FC Köln ist. Mit ihrer Schwester Denise hat sie eine Modekollektion ins Leben gerufen, die weit mehr ist als Kleidungsstücke. Mit "LRI 10 23" erzählen die beiden die Geschichte einer Fußballerin – und vieles mehr.

STANDARD: Wie kam die Idee zum Projekt?

Laura Feiersinger: Bei der Europameisterschaft 2017 hat Denise zum ersten Mal zu mir gesagt: "Magst du nicht irgendetwas machen? Vielleicht Kapperln oder etwas in der Art." Für mich war es anfänglich ein Joke, ich habe es nicht unbedingt ernst genommen. Vergangenes Jahr wurde es dann konkreter, zunächst haben wir die Website geplant und uns auf einen Brandnamen geeinigt. Wir waren uns schnell sehr sicher, in welche Richtung das gehen soll.

Denise Feiersinger: Es ist dann wirklich schnell gegangen. Wir sind uns glücklicherweise sehr ähnlich, und so war es leicht, die Entscheidungsprozesse wie Sprache, Layout oder Optik zu beschleunigen. Es war sehr harmonisch: "Wenn's dir gefällt, gefällt's mir auch, okay, passt."

Denise und Laura Feiersinger in Jogginghosen und Sweatern aus ihrer Modekollektion.
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STANDARD: Am Anfang war da nur ein etwas kryptischer Blog, man wusste nicht sofort, was das eigentlich ist oder wird. War das Mysteriöse so geplant?

Denise Feiersinger: Das Ganze ist nicht nur ein Online-Shop, der kam überhaupt erst später dazu. Es war eigentlich eine Art Inspirational Journal. Lauras Reise als Fußballerin ist der Ausgangspunkt, aber es beschränkt sich nicht nur darauf. Unter dem Titel The Eleventh Hour interviewen wir beispielsweise Personen, die uns in unserem Leben inspiriert haben. Der Fußball ist die Basis, aber es ist viel mehr.

Laura Feiersinger: Die ursprüngliche Idee, also der Ausgangspunkt, war schon, einmal Mode zu machen. Der Blog und die Homepage waren die Schritte davor.

Denise Feiersinger: Genau, die Mode ist nicht das Hauptding, sie ist ein Teil davon. Wir sehen uns als Plattform, als eigene Welt, wo es auch Mode gibt. Wir planen auch Community-Events, es soll ein Clubgedanke entstehen.

Laura Feiersinger: Ich bin also viel unterwegs und habe dabei viele coole Leute kennengelernt. Es sind nicht nur Fußballerinnen, aber es sind mehr Fußballerinnen, weil ich die meiste Zeit mit ihnen verbringe. Als Fußballer oder Fußballerin wird man oft auf den Sport reduziert. Ich glaube, es ist toll, dass man dort die Möglichkeit hat, sich auch in anderen Bereichen zu entfalten, weil es nicht nur um Fußball geht. Die meisten sehen mich nur als Fußballerin, was ich auch verstehe. Aber es steckt viel Potenzial dahinter. Dadurch, dass Denise durch ihre Arbeit so viel Erfahrung gesammelt hat und wir uns gut ergänzen, haben wir früh Ideen entwickelt und lassen uns nicht auf nur eine Sache reduzieren.

München, Frankfurt, Rom, Köln: die Stationen von Laura Feiersinger.
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STANDARD: Und doch erlebt man als Fußballerin viel, sieht viel von der Welt, hat ein außergewöhnliches Leben. Ist es so aufregend, wie man sich das vorstellt?

Laura Feiersinger: Ich habe schon gemerkt, dass ich mich immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen musste, da ich fast zwölf Jahre lang in Deutschland gelebt habe, aber auch in verschiedenen Vereinen aktiv war. In München war ich bei einem super Verein, einem großartigen Klub, das war eigentlich meine erste große Station. Als ich dort meine große Verletzung hatte, dachte ich zuerst: "Okay, was ist los?" Man kann nur versuchen, positiv zu bleiben, wie damals in Sand, wo ich vor der ersten Europameisterschaft unbedingt wieder spielen musste, um meinen Rhythmus zu finden. Das war eine völlig andere Erfahrung, weil ich plötzlich in einem Dorf war, bei einem Klub, der auch gleichzeitig ein Trainingsplatz war. Nach zwei Jahren bin ich nach Frankfurt gegangen und musste mich wieder an neue Gegebenheiten anpassen und neue Eindrücke sammeln. Es war ein wirklich cooler Verein, weil man das Gefühl hatte, dass sie den Frauenfußball wirklich unterstützen und fördern.

Danach bin ich nach Italien gegangen, was wieder eine ganz andere Erfahrung war. Deutschland und Österreich sind sich sehr ähnlich, die gleiche Sprache, ähnliche Gegegebenheiten. Aber Italien war für mich eine Umstellung, obwohl ich schon so lange weg war. Es war das erste Mal, dass ich in ein Land ging, wo ich die Sprache nicht spreche und es eine neue Kultur zu lernen gab.

STANDARD: Wie ist es als Geschwister, wenn die Schwester alle paar Jahre ihren Lebensmittelpunkt verlegt? Profitiert man, oder ist es schwierig?

Denise Feiersinger: In München war es damals richtig cool. Ich war oft dabei, auch weil die Nähe zu Salzburg alles einfacher gemacht hat. Danach wurde es ein bisschen weniger, als ich wollte, aber das ist wahrscheinlich normal. In Frankfurt oder in Sand waren wir ein auch einige Male auf Besuch, aber im Vergleich zu München seltener. Aber wir waren immer nah an Laura dran, in Rom beispielsweise besuchten wir sie fünf- oder sechsmal. Es ist jedenfalls cool, das alles mitzuerleben. Ich hätte mir wohl früher nicht erwartet, dass ich fünfmal pro Jahr nach Rom fliege.

Denise Feiersinger ist mehrfache Biathlonmeisterin.
privat

STANDARD: Weg vom Fußball, hin zu Ihrer Kollektion. Wie sieht sie aus und warum?

Denise Feiersinger: Es war gar nicht so einfach, in das Thema Mode reinzukommen und dort Fuß zu fassen, wenn man da keinen beruflichen Background hat. Privat tragen wir gerne weite Hosen und Anzughosen, dazu vielleicht einen Oversized-Blazer. Aber die Umsetzung war etwas schwer. Wir haben uns dann schnell darauf geeinigt, dass ein Athleisure-Style, wie wir ihn jetzt auch haben, am besten zu uns passt. Also Jogginghosen, coole, dicke Pullover, alles ein bisschen oversized und unisex. Das ist unser privater Stil, und wir möchten diesen Stil auch weiterführen. Wir wissen, dass die Sportcommunity ein guter Ausgangspunkt ist, und sind zu dem Schluss gekommen, dass ein minimalistischer Ansatz gut ist. Jedes Produkt soll eine Geschichte erzählen. Zum Beispiel unser "Fair Play Goodgame T-Shirt" oder unsere Pullover, die alle eine bestimmte Bedeutung haben und einen Mehrwert bieten. Gedeckte Farben wie Beige sind uns wichtig, ebenso wie die Qualität. Alles ist bestickt und aus Biobaumwolle. Uns ist es wichtig, dass die Produkte eine gewisse Qualität haben und nicht einfach dünne T-Shirts sind.

Laura Feiersinger: Wir haben auch überlegt, wie wir unser eigenes Label gestalten. Oft sieht man nur einen Print mit einem Logo, aber wir wollten unser eigenes Logo leben lassen. Unser Slogan "Athletstetic" – ein Mix aus Athletics und Aesthetics – drückt aus, worauf wir Wert legen.

Laura Feiersinger ist eine Konstante im ÖFB-Team.
REUTERS/Lisa Leutner

STANDARD: Wo wird die Kollektion produziert?

Denise Feiersinger: Unsere Ware wird von einem belgischen Unternehmen hergestellt. Uns war auch wichtig, dass wir alles nicht bei einem Riesenhersteller bedrucken lassen, sondern möglichst regional arbeiten. So kam der Kontakt zu Monja Weißenbacher (design M.W) zustande, die zufällig aus dem gleichen Gau wie wir kommt und sofort begeistert war. Sie ist auch irre gut vernetzt, hat Kontakte und supportet uns. Auch das Label haben wir nicht einfach zugekauft, sondern von einer Salzburger Partnerin von Monja weben lassen.

STANDARD: Bislang haben vor allem berühmte männliche Fußballer eigene Labels. Verstehen Sie sich als Vorreiterinnen?

Laura Feiersinger: Es war schon auch ein zusätzlicher Beweggrund, also dass es das von Frauen bislang noch nicht so richtig gab. Aber ich denke, es ist einfach ein wenig ein Produkt der Zeit und der wachsenden Popularität des Frauenfußballs. Es ist aber auch ein Vorteil, dass der Frauenfußball der Ausgangspunkt ist, denn ich denke, dass man im Frauenfußball noch mehr so sein kann, wie man wirklich ist, als im Männerfußball. Es wird leichter akzeptiert, wer du bist und was du machen willst. Im Männerfußball ist man schneller in einer Schiene in der ganzen Maschinerie. Ich bin mir recht sicher, dass das im Frauenfußball auch einmal so sein wird.

STANDARD: Wie waren die Rückmeldungen von den Kolleginnen?

Denise Feiersinger: Sehr positiv, es geht schon die Runde. Zum Beispiel Weltmeisterin und Weltfußballerin Alexia Putellas vom FC Barcelona, die Engländerinnen Keira Walsh und Leah Williamson von Arsenal, aber natürlich auch ÖFB-Teamspielerinnen Sarah Zadrazil, Kathi Naschenweng oder Laura Wienroither tragen unsere Kollektion in die Welt. (Andreas Hagenauer, 4.7.2024)