Christoph Baumgartner scheiterte in letzter Sekunde am türkischen Goalie.
AFP/JAVIER SORIANO

Christoph Baumgartner hatte es auf dem Kopf. Als sich der Niederösterreicher in der letzten Minute der Nachspielzeit im türkischen Strafraum emporschraubt, laufen die Rechenmodelle heiß. Statistisch betrachtet landet der Ball bei einer solchen Gelegenheit und einer solchen Ausführung zu 94 Prozent im Tor. Ganz Österreich sprang aus dem Sessel – um die Hände in der nächsten Sekunde über dem Kopf zusammenzuschlagen. Baumgartner hatte in Goalie Mert Günok seinen Meister gefunden. Wenig später war das Aus des Nationalteams im Achtelfinale der Fußball-EM mit einer 1:2-Niederlage besiegelt.

"Das ist einer der traurigsten Tage in meinem Leben", sagte der 24-Jährige anschließend. Da konnten auch die tröstenden Worte von Non-Playing-Captain David Alaba nach Schlusspfiff nichts ausrichten. Baumgartner vergoss in Leipzig bittere Tränen. Dabei hat der Mittelfeldspieler ein großes Turnier gespielt. Er traf gegen Polen, legte einen Treffer gegen die Niederlande auf. Baumgartner kombiniert Raumgefühl mit Spielwitz und Torgefahr. "Er macht den Unterschied", sagt Teamchef Ralf Rangnick.

Schnellster Torschütze

Baumgartner wuchs in St. Leonhard am Hornerwald auf. Dort begann der Bursche im Alter von vier Jahren mit dem Fußball, dort besuchte er die Volksschule. Die Eltern unterstützten den Kleinen in seinen sportlichen Ambitionen. "Ich wurde nie gedrängt, sie haben mir nur gezeigt, was möglich ist", sollte er später über seine Jugend in Horn und St. Pölten erzählen. Vater Alfons spielte in der Regionalliga. Aus Bruder Dominik wurde ebenfalls ein Profikicker.

Nach zwei Jahren im Nachwuchs der TSG Hoffenheim debütiert Baumgartner 2019 in der deutschen Bundesliga. Seither hat er in 178 Spielen für Hoffenheim und RB Leipzig 35 Tore erzielt. Die Sachsen hatten ihn 2023 für 25 Millionen Euro verpflichtet – und oft nur von der Bank gebracht. Im Nationalteam ist Baumgartner gesetzt. Seit dem 23. März hält er einen Weltrekord: Gegen die Slowakei erzielte der Wirbelwind nach 6,3 Sekunden das schnellste Tor in einem Männer-Länderspiel.

Baumgartner lebt für den Fußball, doch sein Horizont reicht bis nach Uganda. Dort gründete der Profi 2022 eine Ausbildungsstätte für Frauen, die aufgrund einer Schwangerschaft die Schule abbrechen mussten. Mittlerweile wurde das Angebot ausgeweitet. In der "Baumi Junior School" werden auch Kinder ausgebildet und mit Nahrungsmitteln versorgt. Baumgartner: "Wir sind privilegiert, wir haben Verantwortung." (Philip Bauer, 3.7.2024)