Zwei Buben werfen sich ins ufernahe Wasser eines Flusses.
Was gibt es Herrlicheres, als sich an einem heißen Sommertag ins kühlende Wasser zu stürzen? Doch vor allem in ufernahem Gewässer können Zerkarien lauern. Die Parasiten lösen Badedermatitis aus.
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Es ist ein herrlicher Sommertag, die Sonne scheint, es ist heiß, und man begibt sich an einen See, einen Teich oder die Alte Donau, um so richtig zu entspannen. Man planscht im Wasser und genießt die Abkühlung. Doch dann kommt das böse Erwachen: Kurz nachdem man aus dem Wasser gekommen ist, beginnt ein leichtes Jucken, die Haut rötet sich wie bei einem Ausschlag: Badedermatitis durch Zerkarien.

Immer wieder tauchen die Saugwurmlarven in Österreichs naturnahen Gewässern auf und trüben den Badespaß. Besonders Kinder kann es treffen, wenn sie lange im seichten, ufernahen Gewässer planschen. Doch was für Parasiten sind Zerkarien eigentlich? Woher kommen sie? Und sind sie gefährlich? Ein Überblick.

Frage: Was genau sind Zerkarien?

Antwort: Zerkarien sind die Larven von bestimmten parasitischen Saugwürmern, die weltweit in Süßwasserbereichen der gemäßigten und warmen Klimazonen vorkommen. Der Parasit befällt Wasservögel wie Enten und Schwäne, die Vögel scheiden die Eier über den Kot aus, diese enthalten eine Erstlarve, die im Wasser schlüpft. Die Erstlarve befällt dann bestimmte Schneckenarten, die als Zwischenwirt dienen. Dort entwickelt sich das zweite Larvenstadium, die Zerkarien. Diese scheidet die Schnecke dann über mehrere Tage und Wochen aus, damit sie sich wieder Wasservögel als neuen Endwirt suchen können. "Doch die chemischen Sensoren der Zerkarien sind so unspezifisch, dass sie auch manchmal den Menschen befallen", erklärt Christoph Hörweg, Leiter der 3. Zoologischen Abteilung am Naturhistorischen Museum in Wien, der sich beruflich unter anderem mit Zerkarien beschäftigt.

Frage: Sind die Larven dieser Vogelbilharziose – so lautet der Fachbegriff – für den Menschen gefährlich?

Antwort: Nein, in Mitteleuropa nicht. Der Mensch ist ein Fehlwirt, in dem sie sich nicht weiterentwickeln können, nachdem sie sich in die Haut gebohrt haben, sterben sie ab. Das menschliche Immunsystem reagiert aber auf die Eindringlinge und produziert eine Immunreaktion, um die Larven endgültig zu zerstören. Diese allergische Reaktion ist ebenjener juckende Ausschlag, der als Zerkarien- oder Badedermatitis bekannt ist. "Diese Reaktion ist natürlich unangenehm, aber sie ist für den Menschen definitiv nicht gefährlich", betont Hörweg. In den Tropen und Subtropen hingegen gibt es andere Arten von Saugwürmern, die außer der Dermatitis ernste Erkrankungen hervorrufen können, nämlich die Blasen- und die Darmbilharziose.

Frage: Wann besteht Zerkariengefahr?

Antwort: Im Frühsommer, also Ende Juni, Anfang Juli, ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten. Grundvoraussetzung ist Wasser, dessen Temperatur auf zumindest 24 Grad Celsius angestiegen ist. Es muss in dem Gewässer Vögel geben, die die Eier ausscheiden, und Schnecken, die als Zwischenwirt dienen. Hörweg sagt: "Die Larven können also prinzipiell in jedem naturnahen Gewässer auftreten und auch in privaten Naturbadeteichen, etwa wenn ein befallener Wasservogel dort während eines Kurzaufenthalts hineingekotet hat."

Frage: Wo holt man sich Zerkarien am ehesten?

Antwort: Besonders groß ist die Gefahr eines Befalls im seichten, ufernahen Gewässerbereich, wo man sich womöglich länger aufhält, weil dort durch Wind und Wasserströmung besonders viele Larven zusammenkommen können. In tieferem Gewässer ist die Wahrscheinlichkeit geringer, einfach weil sie sich besser verteilen.

Frage: Sind aktuell Gewässer befallen, oder kann man Zerkarien voraussagen?

Antwort: Aktuell sind keine Meldungen zu Zerkarienbefall bekannt, auch Hörweg liegen keine vor. Das heißt aber nicht, dass es keine gibt, nur wurden keine Fälle von Badedermatitis gemeldet. Man ist hier immer auf diese Information angewiesen, denn voraussagen oder im Wasser nachweisen kann man die Larven nur sehr schwer. Es gab von der Initiative ABOL – The Austrian Barcode of Life ein vielversprechendes Pilotprojekt in Oberösterreich mit dem Ziel, die Erreger in Wasserproben genetisch nachzuweisen. Man will zudem eine genetische Referenzdatenbank erstellen, um die Larven codieren zu können, damit man zukünftig bessere Vorhersagen treffen kann. Hörweg erklärt: "Um wirklich sicherzugehen, welche Zerkarien man vor sich hat, muss man sie auch genetisch untersuchen. Denn nur morphologisch kann man die einzelnen Arten kaum voneinander unterscheiden." Ansonsten bliebe zur Analyse, ob Zerkariengefahr besteht, nur das Sammeln von Wirtsschnecken, die man dann beobachtet, ob Larven daraus schlüpfen – eine sehr aufwendige und unpräzise Art der Vorhersage. Ein sicheres Vorhersagetool gibt es also nicht.

Frage: Kann man einem Befall vorbeugen?

Antwort: Besteht Verdacht auf Zerkarien, sollte man den Flachwasserbereich meiden und vor allem nicht länger dort verweilen. Schwimmen ist besser im tieferen Wasser, wo auch eine leichte Strömung herrscht. Manchmal liest man, dass eine wasserabweisende Sonnencreme das Eindringen der Zerkarien erschwert, einen wissenschaftlichen Nachweis dafür gibt es aber nicht. Sobald man aus dem Wasser kommt, sollte man sich jedenfalls abduschen und abfrottieren, damit eventuelle Larven von der Haut entfernt werden. Nasse Badekleidung sollte man sofort wechseln.

Frage: Was kann man tun, wenn man so einen Ausschlag hat?

Antwort: Die Pusteln sind, wie gesagt, ungefährlich, aber ziemlich lästig, weil sie jucken. Gegen diese allergische Reaktion helfen Gels und Cremen mit Antihistaminika, wie sie auch bei Gelsenstichen angewendet werden. Bei starkem Juckreiz besteht die Möglichkeit, systemische Antihistaminika einzunehmen. Der Ausschlag heilt nach ein bis zwei Wochen ohne langfristige Folgen ab. (Pia Kruckenhauser, 5.7.2024)