Ein Wort, das die FPÖ ständig benutzt, sollte bei uns die Alarmglocken schrillen lassen: Einheitspartei. Von links bis Mitte-rechts werden alle anderen Parteien als "Einheitspartei", geradezu als Gefahr für "das Volk" dargestellt. Von Social-Media-Posts bis zu Reden von Parteichef Herbert Kickl fällt dieses Wort regelmäßig. Es ist ein rhetorischer Trick. Das Wort "Einheitspartei" spiegelt wider, wie sehr die FPÖ ein manichäisches Weltbild forciert. Dabei wird die Welt in Schwarz-Weiß-Tönen gezeichnet, zum Beispiel einer FPÖ, die "in allen entscheidenden politischen Fragen recht hat und die anderen unrecht" (O-Ton Kickl).

FPÖ-Chef Herbert Kickl hält eine Rede.
Zeichnet die Welt in Schwarz-Weiß-Tönen: FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Der Begriff ist inhaltlich Unsinn, aber er suggeriert bei den Fans ein Gefühl von Dringlichkeit plus Alternativlosigkeit. Das passt zur Definition populistischer Parteien. Diese suggerieren erstens, sie wären die einzigen, die wirklich "das Volk" vertreten würden. Sie zeichnen zweitens "das Volk" als homogene Masse – so als hätten alle darin dieselben Bedürfnisse (was in unserer breiten Gesellschaft immer schon falsch war). Und drittens: Sie wecken Misstrauen gegen Eliten, die angeblich "gegen das Volk" auftreten würden.

Das Wort ist populistisch und irreführend. Denn nehmen Sie die anderen Parlamentsparteien: ÖVP, SPÖ, Grüne, Neos haben viele Unterschiede. In der Migrationspolitik versucht die ÖVP deutlich, auch Wählerinnen und Wähler der FPÖ anzusprechen. Inhaltlich sind die Parteien gespalten: Die SPÖ hat als zentrale Themen Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen – ein Bereich, bei dem ÖVP und Neos anders auftreten. Die Neos sind wirtschaftsliberal, aber weniger gesellschaftlich konservativ als die ÖVP. Die Grünen sind ebenfalls links wie die SPÖ, aber von Beginn an stärker ökologisch geprägt – das heißt heute: Klimaschutz.

Mich ärgert das, wie sehr das Wort "Einheitspartei" genau diese wichtigen Unterschiede unsichtbar zu machen versucht. Auf Social Media drücken überzeugte Fans aus, wie denkunmöglich es für sie sei, jemand anderen zu wählen: "Herbert Kickl und die FPÖ sind die einzige Rettung des Landes", schreibt einer auf Facebook. Oder auf Tiktok postet jemand: "Wahltag ist Zahltag", nur die FPÖ sei "wählbar".

Rhetorischer Trick

Sprachlich kommt hier das Instrument der "falschen Dichotomie" zum Einsatz. Dieser rhetorische Trick stellt es so dar, als gäbe es in einer Frage nur zwei mögliche Antworten (und eine davon wäre schlecht). Beim Klimathema wird etwa suggeriert: Entweder man wählt die FPÖ, die sich als Einzige für Umweltschutz einsetzen würde, oder man kriegt "Klimakommunismus" von den anderen. In mehrfacher Hinsicht ein Unsinn! Bekanntlich umwirbt die ÖVP Fans von Verbrennungsmotoren. Und SPÖ, Grüne und Neos haben unterschiedliche Lösungsansätze im Klimaschutz.

Genau genommen sagt das Wort "Einheitspartei" vor allem etwas über die FPÖ aus: wie viel deftiger, geradezu radikaler ihre Wortwahl unter Herbert Kickl geworden ist. Klar, alle Parteien wollen ihr Programm verkaufen, aber die FPÖ tut mehr als das – sie beansprucht sogar als Alleinstellungsmerkmal, richtig zu liegen. Mit solchen Formulierungen bewegt sich die Partei weit weg von den Werten einer pluralistischen Demokratie, in der anerkannt wird, dass verschiedene Parteien verschiedene berechtigte Interessen vertreten und darum ringen, passende Antworten zu finden. (Ingrid Brodnig, 4.7.2024)