Trinkgeld Gastronomie weniger
Geben Sie wegen der Teuerung weniger Trinkgeld?
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Die einen bleiben aufgrund erhöhter Lebenshaltungskosten den Gasthäusern fern, andere versuchen, den Wirtshausbesuch so kostengünstig wie möglich zu halten. Wie oft muss da das Trinkgeld dran glauben? Und was hat die Kartenzahlung verändert?

Pichlmaiers zum Herkner

Martin Pichlmaier von Pichlmaiers zum Herkner im 17. Bezirk sagt, die Großzügigkeit in Sachen Trinkgeld sei nicht zurückgegangen. "Ich mache seit Jahren täglich die Abrechnung und muss sagen: Es ist gleich geblieben. Das Trinkgeld wird zwischen dem Personal von Küche und Service aufgeteilt und liegt bei acht bis zehn Prozent." Aus unternehmerischer Sicht sei ihm das Trinkgeld sehr wichtig, da es, wenn auch nicht offiziell, ein wichtiger Bestandteil des Lohnes sei. "Umso mehr Trinkgeld gegeben wird, desto wohler fühlt sich das Personal", sagt Pichlmaier. Die Kartenzahlung habe keinen Einfluss auf die Höhe des Trinkgelds. Was etwas zurückgehe, sei die Konsumation bei den Familien, vor allem am Wochenende. Da könne es schon mal sein, das es heißt, die Nachspeise und der Kaffee würden zu Hause zu sich genommen. Das gleiche man mit mehr Betrieb aus. (maik)

Monte Ofelio

In der kleinen italienischen Aperitivo Bar Monte Ofelio von Dario und Luca Formisano in der Nähe des Wiener Augartens sind die Gäste nach wie vor großzügig. Der Service ist hier das Um und Auf. Dafür, dass die Gäste auf wenigen Quadratmetern in Lokal und Schanigarten nach Italien entführt würden, zeigten sie sich durchschnittlich mit sieben bis acht Prozent Trinkgeld erkenntlich. Seit der Pandemie schauten die Gäste, und hier insbesondere das studentische Publikum in der Filiale im ersten Bezirk, zwar etwas genauer aufs Geld, doch man könne und wolle sich nicht beklagen. (feld)

Harvest

Das vegane Bistro Harvest in der Leopoldstadt wird vor allem von jungen Menschen, darunter viele Expats, besucht. Der Betreiber Marcus Westenberger, selbst seit Jahrzehnten in der Gastronomie tätig, bestätigt, dass die Bereitschaft, Trinkgeld zu geben, abgenommen habe. Rückgänge beim Trinkgeld beobachte er schon länger. So sei es bis um die Jahrtausendwende herum in Österreich üblich gewesen, etwa zehn Prozent Trinkgeld zu geben: "Die Kellner und Kellnerinnen haben früher davon gelebt, das Geld obenauf war auch ein Anreiz für den Job." Ein weiterer Einbruch sei nach der Corona-Pandemie erfolgt. Das sei unter anderem der immer weiter verbreiteten Kartenzahlung zu verdanken. Heute gäben seine Gäste durchschnittlich unter sechs Prozent Trinkgeld. (feld)

Ramasuri

Im hippen Ramasuri an der Praterstraße in der Leopoldstadt ist das Trinkgeld nicht weniger geworden. Man ziehe durch den Fokus auf einen guten Service viele nette, entspannte Gäste aus allen Altersgruppen an – mal aus schickem oder studentischem Milieu. Zwar sei seit der Pandemie durchaus spürbar, dass die Leute nicht mehr so viel Geld ausgeben wollen. Doch das schlage sich eher darin nieder, dass weniger konsumiert werde. Beim Trinkgeld werde höchstens am Ende des Monats gespart, wenn es bei dem einen oder anderen knapp wird. Die Kartenzahlung habe zudem keine Auswirkungen. (brun)

Pizzeria Disco Volante

Auch in der beliebten Pizzeria Disco Volante in der Gumpendorferstraße im sechsten Bezirk merke man nichts von einem Rückgang des Trinkgelds, sagt Inhaberin Verena Piontek. Das sei nur im Lockdown der Fall gewesen. Eher steige das Trinkgeld-Geben an. Gespart wird eher am Dessert oder am Kaffee danach, nicht am Obolus für die Kellnerinnen und Kellner. Durchschnittlich geben die Gäste fünf bis sieben Prozent, mehr als zehn Prozent Trinkgeld spendieren vor allem US-amerikanischen Touristen. Es gebe auch viele Leute, die gar kein Trinkgeld geben, sagt Piontek. Das passiere oft ohne Feedback oder Begründung. Außerdem liege das, so Piontek, an der Bankomat-Zahlung. Viele Leute wissen noch nicht, dass man auch dort Trinkgeld geben kann. (rec)

(brun, feld, maik, rec 5.7.2024)