Eva Marie Saint mit Cary Grant 1959 in "North by Northwest".
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Sie spielte in dutzenden Filmen und Fernsehproduktionen. Sie drehte mit Burt Lancaster, Elizabeth Taylor, Paul Newman, Tom Hanks und vielen anderen. Fast siebzig Jahre währte ihre Karriere, bis sie sich 2014 nach einer Nebenrolle in Winter's Tale vom Film verabschiedete. Diesen Donnerstag feiert Eva Marie Saint, der letzte Star aus Hollywoods Goldener Ära, ihren hundertsten Geburtstag.

Ihr Name mag heute weniger geläufig sein als die einiger ihrer Kolleginnen. Das liegt daran, dass sie sich relativ bald von Glanz und Glamour zurückzog und nur mehr an bestimmten Projekten arbeitete. Doch insbesondere zwei frühe Filme sichern ihr einen Ehrenplatz im cineastischen Himmel.

Oscar zum Start

Zum einen gleich ihr erster Film überhaupt. Eva Marie Saint, geboren in Newark, New Jersey, aufgewachsen in Queens, hatte schon auf Collegebühnen gestanden und Fernsehrollen und Radioauftritte absolviert, als sie in Elia Kazans On the Waterfront (Die Faust im Nacken, 1954) eine Rolle an der Seite von Marlon Brando, einem Kollegen übrigens am Actors Studio, bekam. Die Art, wie vielschichtig sie dessen zugleich schüchterne und ernste, prinzipientreue und doch verführbare Freundin anlegte, brachte ihr einen Oscar als beste Nebendarstellerin ein.

Eva Marie Saint mit Marlon Brando in "On the Waterfront" 1954.
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Und fünf Jahre später erschien eine ganz andere Eva Marie Saint auf der Leinwand. In Hitchcocks Thriller North by Northwest (Der unsichtbare Dritte) ist sie eine Doppelagentin, eine der typischen kühlen Blondinen des Regisseurs und doch viel mehr. Im Speisewagen flirtet sie mit dem steckbrieflich gesuchten Cary Grant und fängt ihn auf eindeutig-zweideutige, ironische Art ein. Die Unterhaltung gehört zum Anzüglichsten, was unter dem Radar des damals noch gültigen Moralkodex in Hollywood durchschlüpfen konnte. Ihre Garderobe soll Hitchcock persönlich mit ihr ausgesucht haben – selten gab es jedenfalls ein so zeitlos elegantes Paar wie Saint und Grant in diesem Film.

Eva Marie Saint, aufgenommen 2018. Diesen Donnerstag wird sie 100 Jahre alt.
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Dann lieber kein Star

1960 spielte sie, wieder mit großem Erfolg, in Otto Premingers Exodus eine amerikanische Krankenschwester, die in die Wirren der Staatsgründung Israels und der klandestinen Einwanderung gerät. Danach bot ihr Agent ihr eine nächste große Rolle in Europa an. Sie aber war inzwischen verheiratet, hatte zwei kleine Kinder und wollte nicht mehr dauernd weg sein. Dann würde sie nie ein Superstar werden, gab er ihr zu bedenken. In einem Interview Jahrzehnte später erinnert sie sich an ihre Antwort: "I guess I don't wanna be one." Ab dann suchte sie sich ihre Parts selbst aus und praktizierte eine Work-Life-Balance, bevor es den Ausdruck überhaupt gab. Bis zu seinem Tod 2016 war sie mit dem TV-Produzenten Jeffrey Hayden verheiratet, von Skandalen hat man nie gehört.

DP/30: The Oral History Of Hollywood

Die mittlerweile älteste lebende Oscar-Preisträgerin war, wie es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in einer Würdigung hieß, eine klassische Schönheit, die den Männern unter die Haut ging. Was in dem genannten Interview von 2011 auch zu sehen ist: Eva Marie Saint ist würdevoll und ohne offensichtliche Schönheits-OPs gealtert. Allein dafür schon gebührt dem Star zusätzlich zu den zwei Sternen auf den Walks of Fame – für Film und TV – in Los Angeles ein dritter. (Michael Freund, 4.7.2024)