Der deutsche Kanzler Olaf Scholz betritt den Plenarsaal des Bundestages.
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz kam am Mittwoch in den Bundestag, um sich den Fragen der Abgeordneten zu stellen.
IMAGO/Florian Gaertner

Mit dem "Gleichwertigkeitsbericht" hat sich das deutsche Bundeskabinett am Mittwoch befasst. Auch die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in den vergangenen Jahren war Thema, als der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzleramt seine roten, grünen wie liberalen Ministerinnen und Minister um sich versammelte. Ein ungleich wichtigerer Punkt stand allerdings nicht, wie zunächst geplant, auf der Tagesordnung: der Beschluss über den Haushaltsentwurf für das Jahr 2025. Der Grund dafür ist simpel: Die Ampel ist mit ihren Beratungen immer noch nicht fertig und hat den Fahrplan nicht einhalten können. Denn es fehlen einige Milliarden Euro und noch ist nicht klar, wo sie herkommen sollen.

Deutlich gemacht haben die Chefverhandler bisher eher ihre roten Linien. So lehnt Scholz Einsparungen im Sozialbereich ab. Auf diese hingegen drängt Finanzminister Christian Lindner (FDP). Er wiederum sagt Nein zu Steuererhöhungen und will die Schuldenbremse einhalten. Letzteres ist der SPD und den Grünen kein so großes Anliegen, Lindner ist in dieser Frage in der Koalition isoliert.

Druck aus der SPD-Fraktion

Vor allem aus der SPD-Bundestagsfraktion kommt Druck. Vertreter aller drei Strömungen in der SPD (eher links, mittig, eher konservativ) fordern angesichts der Kosten für den Ukrainekrieg und der Schäden in den Flutgebieten, die Schuldenbremse zu verwerfen. Zudem verlangt Lindner von den Chefs der Ministerien Disziplin. Doch diese aufzubringen ist man nicht überall bereit. Vor allem der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) tritt – mit Verweis auf den Ukrainekrieg – recht selbstbewusst auf und fordert mehr Geld. Auch die Ministerien für Inneres, Äußeres, Entwicklung und Arbeit/Soziales haben Mehrbedarf angemeldet.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hingegen versuchte diese Woche, Lindner zu disziplinieren, und verwies in den Stuttgarter Nachrichten auf die Führungsrolle der SPD in der Ampelkoalition: "Der Finanzminister ist auf Vorschlag des Bundeskanzlers im Amt – nicht umgekehrt." Konter von FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki im Tagesspiegel: "Christian Lindner ist kein Angestellter des Kanzlers." Kühnerts Ansage sei "überraschend unpolitisch", so Kubicki. "Ich dachte, er wüsste, dass in einer Koalition alle Partner gleich stark sind. Ohne die Zustimmung des einen gibt es keine gemeinsame Mehrheit."

Bruch nicht ausgeschlossen

"Dass es 2025 schwierig sein wird, kann niemanden überraschen, das wussten wir vorher", sagte der grüne Vizekanzler und Wirtschafts- wie Klimaschutzminister Robert Habeck am Mittwochmittag über die letzten Meter bei der Budgeterstellung. Immer wieder ist zu hören, dass sich die Koalition zwar einigen wolle, aber ein Bruch der Ampel nicht ganz ausgeschlossen sei. Es kursiert folgendes Szenario: Die FDP könnte aus der Regierung ausscheiden, Scholz dann mit einer rot-grünen Minderheitsregierung weitermachen.

Als Scholz sich am Mittwoch um 13 Uhr im Bundestag einfand, um sich den Fragen der Abgeordneten zu stellen, kam die Frage nach dem Etat auch gleich als Erstes. Ob er "heute verlässlich sagen" könne, wann denn ein "beratungsfähiger Haushalt" ins Kabinett und ins Parlament eingebracht werde, wollte der CDU-Abgeordnete Thomas Middelberg von Scholz gleich einmal wissen.

Scholz ist zuversichtlich

Der versicherte, dass nun "intensiv beraten" werde, und gab sich zuversichtlich. Die Ampel werde "sehr viele sehr kluge Maßnahmen" auf den Weg bringen. Scholz: "Mir gefällt, was ich gesehen habe." Auch einen "Wachstumsturbo" für die Wirtschaft stellte er in Aussicht.

Am Donnerstag wollen sich Scholz, Lindner und Habeck wieder zusammensetzen. Offenbar geht man in der SPD-Fraktion davon aus, dass sie sich dabei auf Eckpunkte einigen wollen. Denn SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die Abgeordneten der SPD für den Freitag zu einer Sondersitzung eingeladen. Scholz jedenfalls meinte im Bundestag, der Haushalt würde noch im Juli im Kabinett beraten werden. Die nächste Gelegenheit wäre dann am 17. Juli.

Fixe Zusagen beim Nato-Gipfel?

Allerdings reist Scholz schon in der nächsten Woche zum Nato-Gipfel in die USA. Dorthin, so wird in Berlin spekuliert, wolle er mit fixen Zusagen kommen. Die Bündnispartner werden wissen wollen, ob Deutschland das Ziel erreicht, zwei Prozent seines BIP für Verteidigung auszugeben. "Ich werde dort darstellen können, dass wir die zwei Prozent erreichen können", versicherte Scholz im Bundestag.

Die Union hält mit ihrer Kritik an den Verzögerungen nicht hinter dem Berg. "Wir haben im Augenblick keine stabile Regierung", sagte CDU-Chef Friedrich Merz vor der ausländischen Presse in Berlin. Das mache ihm zwar "die Arbeit leichter", sei aber kein Grund zur Freude. (Birgit Baumann aus Berlin, 3.7.2024)