Das Bild zeigt einen Haufen Legosteine
Neues Lego ist altes Lego ist neues Lego. Für manche Minifiguren ist das offenbar ein Grund, den Kopf zu verlieren.
IMAGO/Christine Roth

Lego ist eine Erfolgsgeschichte. Längst vergangen ist die existenzbedrohliche Krise im Jahr 2004, mittlerweile sind die Dänen mit Abstand der größte Spielzeughersteller der Welt. Noch ist der Klemmbaustein eine feste Größe in Kinderzimmern – und zunehmend auch auf Regalen von Erwachsenen vorzufinden. Das Erfolgsrezept, bekannte Marken wie Star Wars, Harry Potter, Ferrari oder Super Mario im Baukastenmaßstab zu miniaturisieren, scheint zu funktionieren. Für Lego.

Für langjährige Fans und den Kerngedanken der Klemmbausteine ist die wirtschaftlich erfolgreiche Firmenpolitik allerdings oft ein Schlag ins Gesicht: Die hunderten Sets, die mittlerweile jährlich auf den Markt kommen, sind (auch) aufgrund der Lizenzen nicht nur unverschämt teuer geworden. Der Großteil der Bausätze ist nicht einmal mehr so konzipiert, zum kreativen Bauen anzuregen, sondern nur, um zum Spielen oder Sammeln einmalig aufgebaut zu werden. Dieses Spiel müssen aber weder Eltern noch Hobbyisten mitspielen.

Es muss nicht immer neu sein

Nun ist es sicherlich eine Möglichkeit, auf alternative Klemmbausteinmarken auszuweichen, die Lego aufgrund ausgelaufener Patente schon lange nicht mehr unter Kontrolle hat. Wachsende Konkurrenz in diesem Bereich ist für den Konsumenten immer zu begrüßen – aber auch nicht immer das Gelbe vom Ei, wie viele Youtuber mittlerweile gerne weismachen wollen. Die Qualität der Steine mag zwar schon lange kein Argument mehr für Lego sein, das stimmt leider. Der günstigere Preis allein ist es für die Konkurrenz aber auch nicht. Die Konzepte dahinter sind die gleichen: verkaufen, verkaufen, verkaufen.

Eine sinnvollere Möglichkeit erscheint es daher, den eigenen Bestand in neuem Licht zu betrachten, punktuell auf dem Gebrauchtmarkt aktiv zu werden und vor allem von der Kraft der Community zu profitieren. Eine Einführung zu Tipps und Tricks für Willhaben, eBay und Co sei an dieser Stelle erspart – nicht aber, warum das Internet über das Anschauen von Videos hinaus wertvolle Hilfe für Spiel und Hobby sein kann. In diesem Fall mit den Datenbanken von Rebrickable, Bricklink oder Brickowl. Klingt trocken, das Schmökern und Ausprobieren macht aber Spaß.

Rebrickable, das MOC-Paradies

Dass Lego seinen Kundinnen und Kunden vorschlägt, was man alles aus einem Set bauen kann, ist zu einer Seltenheit verkommen. Die Zeiten von B- oder gar C-Modellen aus der Technic-Welt sind lange vorüber, lediglich die Classic- und Creator-Serien scheinen letzte Rückzugsorte für Kreative zu sein. Halb so wild, denn dafür gibt es Rebrickable.

Die Idee dahinter ist simpel: Rebrickable zielt darauf ab, das Potenzial bereits vorhandener Lego-Sets besser auszuschöpfen. Die Hauptfunktion der Website besteht darin, jungen wie älteren Nutzerinnen und Nutzern zu zeigen, welche neuen Modelle sie alle bauen können, indem sie die Teile aus ihren bestehenden Sets einfach neu zusammensetzen.

Ein Junge spielt mit Legosteinen.
Was gibt die eigene Sammlung wirklich her? Eine Überprüfung auf Rebrickable kann wertvolle Erkenntnisse liefern.
Getty Images

Aber woher stammen die ganzen neuen Ideen? Aus einem unendlich kreativen Pool der Community: Sogenannte MOCs (My Own Creations), also selbst entworfene Modelle, können auf Rebrickable von Nutzerinnen und Nutzern hochgeladen und mit der Community geteilt werden. Mittlerweile sind es mehr als 126.000. Diese Eigenkreationen sind begleitet von bebilderten Bauanleitungen, die genauso wie jene der Hersteller zeigen, wie sie zusammengebaut werden. Andere Nutzer können die Modelle so nachbauen – oft ist ein kleiner Obolus fällig, um sich für die Idee beim Erfinder zu bedanken.

Langsam, aber zielsicher

Gestützt wird das Konzept durch eine umfangreiche Datenbank im Hintergrund, die detaillierte Informationen von knapp 23.000 Lego-Sets und mehr als 55.000 Einzelteilen enthält. Benutzer können ihre Lego-Sammlung in Form von Sets (oder Einzelteilen) in ihr Profil eingeben und erhalten dann Vorschläge für alternative Modelle, die mit ihren vorhandenen Teilen gebaut werden können, komplett mit Bauanleitungen und Teilelisten. Bei der Suche ist ein wenig Geduld erforderlich, denn die Ladezeiten sind mitunter leider frustrierend lang. Dafür wissen aber die Resultate meist zu entschädigen.

Das Bild zeigt einen Haufen Lego-Steine.
Nicht die passenden Steine vorhanden? Dann muss nicht gleich ein neues Set her, einzelne Steine lassen sich auch nachkaufen.
IMAGO/Kirchner-Media

Sollten Bauteile für ein Modell nicht vorhanden sein, lassen sich diese von den bestehenden separieren und können gesammelt an die Marktplätze Bricklink oder Brickowl weitergeleitet werden, um dort das beste Angebot für die fehlenden Teile heraussuchen zu können. Dazu später mehr. Wer Rebrickable oft nutzen sollte und bereits über einen größeren Lego-Bestand (mehr als 20 Sets) verfügt, kann auch auf ein günstiges Abomodell zurückgreifen, um die Zahl eintragbarer Sets und Bauteile zu erhöhen.

Für Eltern und Hobbyisten ist Rebrickable aber auch ohne Registrierung oder Abo ein wertvoller Ratgeber: Mit der Eingabe einer beliebigen Setnummer lässt sich anhand der daraus resultierenden Zahl neuer Modellvorschläge schnell herausfinden, wie wertvoll ein Lego-Set wirklich ist, wenn man es nicht nur einmal aufbauen und in der Ecke verstauben lassen will. Darüber hinaus agiert Rebrickable natürlich auch als Brücke zur Lego-Welt im Internet, indem es Links zu externen Ressourcen wie Onlineshops, Fanseiten und Review-Plattformen bietet.

Praxisbeispiele

Spielt man den Tipp mit der Kontrolle der Setnummer beispielsweise anhand der heuer auslaufenden Creator-3-in-1-Burg (31120) durch, wird man feststellen, dass sich mit diesem Set allein dutzende andere sinnvolle Modelle bauen lassen – ohne neue Steine dafür zu benötigen, lediglich ein geringer Aufpreis für neue Bauanleitungen kann fällig werden.

Rebrickable
Links: Die drei Möglichkeiten von Set 31120 lassen sich mit Rebrickable auf einen Schlag vervielfachen. Rechts: darunter auch Bauanleitungen, die gleich mehrere Modelle beinhalten.
Screenshot

Auch der in der Community oft belächelte und mittlerweile eingestellte Liebherr Bagger R9800 (42100) erweist sich plötzlich als genialer Teilespender. Auf Rebrickable erwacht das Technic-Set als AT-AT, R2-D2, Raketenabschuss-Basis, Wall-E oder Mähdrescher zu neuem Leben, um nur wenige dutzender Beispiele zu nennen.

Rebrickable
Links: Der Bagger aus 42100 ist fad? Dann vielleicht einen R2-D2 bauen, der smarter wirkt als von Lego selbst entworfen. Rechts: oder Wall-E oder ein Looping oder ein AT-AT oder ein Mähdrescher. Oder, oder, oder.
Screenshot

Bestehende Modelle lassen sich aber auch hervorragend mit Zu- oder Aufbauten ergänzen. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Efferman Stand(fuß) für den großen UCS Milleniumfalken von Star Wars (75192), mit dem sich das riesige Modell schräg aufgestellt wesentlich attraktiver positionieren lässt, als es Lego selbst vorgesehen hatte.

Bricklink, der Steinchenmarktplatz

Sollten für ein Modell Teile fehlen, kommen die Marktplätze für Einzelteile ins Spiel. Der prominenteste Marktplatz in diesem Zusammenhang ist immer noch Bricklink. Dahinter steckt eine auf den An- und Verkauf von Lego-Produkten spezialisierte Online-Plattform, die es schon seit bald 25 Jahren gibt.

Seit ihrer Gründung durch den mittlerweile verstorbenen Dan Jezek hat sich die Plattform zu einem zentralen Treffpunkt für Hobbyisten entwickelt und bietet eine große Auswahl an Sets, Minifiguren und Einzelteilen. Sogar Sammlerstücke sind über ein Designer-Programm zu erwerben, die Lego nach regelmäßig stattfindende Abstimmungen in begrenzter Stückzahl nur für diese Plattform auflegt. Das hat natürlich einen Grund: Im Jahr 2019 wurde Bricklink von Lego selbst übernommen. Die Einflußnahme des Konzerns ist dementsprechend stärker geworden, hält sich zum Glück aber noch in vertretbaren Grenzen.

Bricklink-Set, Rebrickable-MOC
Links: ein Set aus dem Designerprogramm von Bricklink. Rechts: das Falcon Master´s Castle nach einer Anleitung von Rebrickable.
STANDARD/Brandtner

Auf Bricklink können die Nutzer nicht nur gebrauchte oder neue Lego-Artikel kaufen und verkaufen, sondern auch auf einen umfangreichen Katalog zugreifen, der nahezu alle von Lego jemals hergestellten Teile und Sets enthält. Das macht Bricklink besonders wertvoll für diejenigen, die mit einer fertigen Einkaufsliste von Rebrickable kommen oder einfach nur so bestimmte Steine oder Teile für eigene Projekte suchen.

Besonders wertvoll kann die Seite aber auch sein, wenn man alte Sets vervollständigen möchte, die im regulären Handel nicht mehr erhältlich sind – sei es, weil man vielleicht Schätze aus der Kindheit auf dem Dachboden entdeckt oder einen guten, aber teilweise unvollständigen Deal auf willhaben erstanden hat.

Unter Kleinhändlern

Für die Nutzung muss man sich zunächst registrieren und ein Benutzerkonto anlegen. Nach der Anmeldung kann man im Katalog nach bestimmten Teilen suchen, die Verfügbarkeit prüfen und Preise vergleichen. Die Verkäufer auf Bricklink legen ihre Preise selbst fest, so dass diese für identische Teile je nach Angebot und Nachfrage sowie Zustand des Teils stark variieren können. Da es sich um eine internationale Plattform handelt, sollte man auch unbedingt darauf schauen, aus welchem Land der Händler kommt und welchen Mindestbestellwert er angegeben hat, um bei den Versandkosten böse Überraschungen zu vermeiden.

Bricklink
Die Startseite von Bricklink wirkt noch recht übersichtlich, die Benutzeroberfläche des Marktplatzes wirkt allerdings schon leicht angestaubt.
Screenshot

Unabhängig davon gilt natürlich auch, was auf anderen Marktplätzen im Internet gilt: Beim Kauf auf Bricklink ist es wichtig, Bewertungen und Feedback zu überprüfen. Diese Informationen sind meist ein guter Indikator, wie zuverlässig und professionell ein Verkäufer ist. Darüber hinaus bietet Bricklink verschiedene Tools zur Verwaltung von Bestellungen, zur Sendungsverfolgung und zur Kommunikation mit Käufern und Verkäufern an, die den Kaufprozess transparent und sicher machen. Von der etwas angestaubten Benutzeroberfläche sollte man sich jedenfalls nicht abschrecken lassen, der Handel über Bricklink funktioniert einwandfrei, im Übrigen mit überraschend vielen österreichischen Kleinhändlern.

Die alternative Eule

Sollte man bei Bricklink nicht fündig werden oder lieber ein moderneres Interface benutzen wollen, das für die Suche nach Minifiguren übrigens deutlich besser geeignet ist, lohnt sich auch ein Blick auf Brickowl.de. Der Marktplatz ist "erst" seit 2010 online und funktioniert ansonsten im Prinzip genauso wie Bricklink – mit dem großen Unterschied, dass die Auswahl ein wenig kleiner ist und nicht Lego selbst hinter der Plattform steckt. Darüber hinaus gibt es je nach Thematik und Kategorie auch noch eine Fülle von Onlineshops, die sich auf ganz besondere Einzelteile und Minifiguren spezialisiert haben – aber das ist eine ganz andere Geschichte. (Benjamin Brandtner, 4.7.2024)