Wenn es um seine Treibhausgasbilanz geht, hat sich Google ambitionierte Ziele gesteckt. Der Tech-Riese will nämlich bis 2030 seinen Strombedarf vollständig mit erneuerbaren Energien decken und insgesamt CO2-neutral arbeiten. Also nicht mehr Emissionen ausstoßen, als man durch verschiedene Maßnahmen einspart.

Ob das gelingen wird, darf – Stand heute – allerdings angezweifelt werden. Denn über die vergangenen fünf Jahre ist Googles CO2-Abdruck nicht kleiner geworden, sondern kräftig gewachsen. Er liegt nun fast um die Hälfte höher als noch 2019. Der Grund: Künstliche Intelligenz.

Und der Trend zeigt weiter nach oben, denn Google will den Einsatz von KI auf breiter Front ausbauen. Allein 2023 belief sich der CO2-Ausstoß des Unternehmens auf 14,3 Millionen Tonnen. Das stellt einen Anstieg um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dar. Die Daten im hauseigenen Umweltbericht (PDF) zeigen, dass diese Zunahme vorwiegend auf eine Erhöhung des Energieverbrauchs in den eigenen Lieferketten sowie in den Rechenzentren zurückzuführen ist, fassen die Financial Times und The Verge zusammen.

Ein Fenster mit einem Google-Logo
Google hat sich ambitionierte Klimaziele gesetzt, deren Erreichung durch den KI-Ausbau allerdings infrage gestellt wird.
Proschofsky / STANDARD

KI-Boom versus Klimaschutz

Allein hier gesellten sich binnen eines Jahres fast eine Million Tonnen an CO2 hinzu. Nur bei den Datacenters wuchsen der Energie- und Wasserbedarf um jeweils 17 Prozent. Google selbst hat errechnet, dass man am globalen Stromverbrauch durch Rechenzentren mittlerweile wohl einen Anteil von bis zu zehn Prozent hält. Das würde gut 0,1 Prozent des weltweiten Energiebedarfs entsprechen, da Rechenzentren laut der Internationalen Energieagentur (IEA) auf ein Prozent des globalen Gesamtverbrauchs kommen. Für Ausführung und Training moderner KI müssen zahlreiche spezialisierte Chips unter hoher Last laufen. In der Lieferkette maß Google einen jährlichen Emissionsanstieg um acht Prozent, den man ebenfalls auf den Ausbau der Infrastruktur für KI-Zwecke zurückführt.

Das Problem erkennt man beim IT-Riesen auch an. "Während wir weiter KI in unsere Produkte integrieren, kann es herausfordernd werden, Emissionen zu reduzieren, da die steigende Intensität von KI-Computing den Energieverbrauch erhöht", heißt es im Bericht. "Damit steigen auch die Emissionen infolge des steigenden Investments in unsere Technikinfrastruktur." Das sei aber eine "temporäre" Entwicklung.

Das bedeutet freilich nicht, dass man keine Maßnahmen setzt. Abseits des Ausbaus der Energieversorgung mit Erneuerbaren ist man bemüht, die Energieeffizienz der eigenen Rechenzentren wie auch der KI-Modelle selbst zu verbessern. Zumindest derzeit können diese Bemühungen den steigenden Strombedarf als Resultat der ambitionierten Zukunftspläne aber nicht ansatzweise kompensieren.

Auch bei Microsoft hat sich die CO2-Bilanz in den letzten Jahren deutlich vom "Net Zero"-Ziel für 2030 entfernt.
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Auch starker Anstieg bei Microsoft

Stolpersteine gibt es auch bei der Stromversorgung. Einerseits wuchs der Energiebedarf der eigenen Datenzentren etwa im asiatischen Pazifikraum und in den USA schneller, als man weitere erneuerbare Energieversorgung sicherstellen konnte. Andererseits seien 2023 zudem verschiedene Kraftwerksprojekte eingestellt worden, was die Menge an verfügbaren erneuerbaren Stromquellen verringert habe. Dennoch hält man aktuell am Ziel für 2030 fest.

Google ist allerdings auch nicht allein, wenn es um wachsenden Stromhunger geht. Microsofts Treibhausgasausstoß lag 2023 beispielsweise um 29 Prozent höher als noch 2020. Auch in Redmond investiert man stark in Künstliche Intelligenz und konterkariert damit die eigenen Klima-Ambitionen, zumindest aktuell. Nicht nur sollen das Unternehmen und seine Lieferketten bis 2030 eine negative CO2-Bilanz aufweisen, sondern auch bis 2050 so viel Kohlenstoffdioxid eingespart beziehungsweise aus der Atmosphäre entfernt werden, wie der Konzern seit seiner Gründung 1975 ausgestoßen hat. (gpi, 3.7.2024)