Sie trägt ein cremefarbenes, leicht tailliertes Smokingkleid von Ralph Lauren, der Blick ist in die Ferne gerichtet. Das Titelbild der US-Vogue der Augustausgabe wurde bereits im Frühjahr in Minnesota von dem Kanadier Norman Jean Roy fotografiert. Titelzeile: "Wir werden über unsere Zukunft entscheiden."

Ein schwieriger Zeitpunkt für die staatstragende Inszenierung der First Lady in teurer Designermode. Der verheerende TV-Auftritt Joe Bidens am 27. Juni hat eine öffentliche Debatte ausgelöst: Ist dieser Mann fit fürs Amt? Die Umfragewerte Bidens sind schlecht, seine 73-jährige Ehefrau, die als einflussreichste Beraterin des US-Präsidenten gilt, tut dennoch das, was sie immer tut. Jill Biden steht hinter ihrem Mann, pusht seine Kandidatur und überschüttet ihn mit Lob: "Joe, du hast einen großartigen Job gemacht. Du hast alle Fragen beantwortet." Ob sie ihm mit solchen Statements wirklich hilft?

Der Zeitpunkt der Geschichte für die US-Vogue ist denkbar schlecht. Produziert wurde das Porträt der Autorin Maya Singer bereits vor einigen Monaten. Das war dem Verlag Condé Nast offenbar klar. Um Schadensbegrenzung zu betreiben, wurde in der Onlineversion nachträglich noch ein Statement Jill Bidens zum TV-Auftritt eingefügt: "Wir werden nicht zulassen, dass diese 90 Minuten die vier Jahre seiner Präsidentschaft bestimmen."

Kritik am "Vogue"-Auftritt

Die Reaktionen der US-Medien auf den Titel fielen dennoch wenig gnädig aus. Die Boulevardzeitung The New York Post bezeichnete Jill Bidens Auftritt im 4990 Dollar teuren Mantel als abgehoben, die New York Times zitiert eine Journalistin, die den Zeitpunkt des Erscheinens der First Lady in einer "High-Fashion-Bibel" als "nicht hilfreich" bezeichnet.

Die Vogue-PR verwundert dennoch wenig. Titelgeschichten mit der First Lady haben Tradition. Noch dazu unterstützt Anna Wintour, nach wie vor Chefin des Magazins, seit Jahrzehnten die Demokratische Partei. Während der Modewoche in Paris hatte sie im Februar eine Benefizgala für Joe Biden veranstaltet.

Jill Biden ist bereits zum wiederholten Mal auf dem Titel der US-Vogue zu sehen – 2021 war sie auf dem optimistischen Cover noch als "Dr. Jill Biden" vorgestellt worden. Die First Lady trug ein geblümtes Kleid und lächelte in die Kamera. 2022 wurde sie anlässlich der Trauung ihrer Tochter in einem Hochzeits-Spezial abgebildet.

Die First Lady hatte während des Wahlkampfs durch Kleidungsstücke "mit Botschaft" für Aufmerksamkeit gesorgt. In North Carolina trat die 73-Jährige Ende Juni in einem schwarzen Kleid des US-Designers Christian Siriano auf, das über und über bedruckt mit der Aufforderung "Vote" war.

Jill Biden Vogue Cover Kleid
First Lady Jill Biden am 28. Juni in Raleigh in North Carolina mit Botschaft.
AP

Beobachter erinnerte ihr Outfit an einen Auftritt von vor vier Jahren: Damals reagierte Jill Biden im Vorfeld des G7-Gipfels mit einem Blazer des Labels Zadig & Voltaire, der mit einem "Love"-Schriftzug versehen war.

Jacke mit Botschaft: Jill Biden im Sommer 2021 in Cornwall.
imago images/UPI Photo

Interpretiert worden war das Outfit als Reaktion auf Melania Trumps Auftritt 2018, die als First Lady für einen Besuch an der texanischen Grenze eine Jacke mit dem Schriftzug "I Really Don't Care, Do U?" trug und stark kritisiert wurde. Melania Trump wurde während der Amtszeit ihres Mannes kein Vogue-Titel gewährt. (feld, 3.7.2024)