Zwei Menschen stoßen mit einem Aperol Spritz an
Die strahlende Farbe ist typisch für das beliebte Sommergetränk. Sie entsteht durch synthetische Farbstoffe, und diese sollen wohl gesundheitlich nicht unbedenklich sein, heißt es. Aber es gibt Entwarnung.
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Kaum ein anderes Getränk ist wohl so beliebt an lauen Abenden wie ein Aperol Spritz. Der Drink aus Prosecco oder Weißwein, Mineralwasser und dem italienischen Likör, einem Destillat aus Rhabarber, Chinarinde, Gelbem Enzian, Bitterorange und Kräutern, ist seit Jahren das Sommergetränk schlechthin.

Aber glaubt man so manchem Posting auf Facebook, sollte man künftig lieber die Finger von dem grellorangen Aperitif lassen. Im Netz machen nämlich Behauptungen die Runde, dass der Likör giftig und krebserregend sei. Ist da etwas dran?

Dünne Studienlage bei Mäusen

Im Kern geht es dabei um die künstlichen Farbstoffe, denen der Aperol die orangerote Farbe verdankt. Die Farbstoffe E 110 (Gelborange) und E 124 (Cochenillerot) gehören zu den sogenannten Azofarbstoffen. Das ist die größte Gruppe der synthetischen Farbstoffe. Sie werden häufig in Lebensmitteln eingesetzt, schließlich zeichnen sie sich durch besonders strahlende Farbergebnisse aus. Ganz unumstritten sind diese Farbstoffe, die auf Basis von Erdöl hergestellt werden, allerdings nicht.

Bei Menschen, die allergisch auf Aspirin oder generell anfällig für allergische Reaktionen sind, können die Farbstoffe zu pseudoallergischen Reaktionen wie Hautrötungen und Asthma führen. Die Verbraucherzentrale Berlin verweist außerdem auf Studien, in denen Mäuse durch die Farbstoffe ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko hatten. Allerdings wurde den Nagern in diesen Untersuchungen über einen sehr langen Zeitraum eine große Menge der Farbstoffe gegeben. In Zusammenhang mit dem gelborangen Farbstoff E 110 habe man zudem vermehrt Nierentumore in Tieren beobachtet, warnen Fachleute des Hamburger Umweltinstituts. Aber für den Menschen ist in Studien bisher kein solcher Zusammenhang nachgewiesen worden.

Trotzdem gehen manche Länder zurückhaltend mit dem Einsatz der Farbstoffe um. In den USA ist die Verwendung von E 124 sogar gänzlich verboten.

Mengen in Aperol unbedenklich

Hierzulande ist das anders. "Die beiden Farbstoffe sind in alkoholischen Getränken zugelassene Lebensmittelfarbstoffe, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft wurden und bei Einhaltung der akzeptablen täglichen Aufnahmemengen keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher darstellen", betont man vonseiten der Ages auf Nachfrage des STANDARD.

Die in Aperol eingesetzten Mengen gelten als unbedenklich, sie liegen weit unter den von der EFSA festgelegten Höchstmengen: Für E 110 liegt die maximale tägliche Menge bei vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, bei E 124 sind es 0,7 Milligramm. In Spirituosen wie Aperol dürfen beide Farbstoffe und andere derselben Kategorie in einer Gesamtkonzentration von bis zu 200 Milligramm pro Liter verwendet werden.

Das bedeutet konkret: Ginge es ausschließlich um die gesundheitlichen Folgen der enthaltenen Farbstoffe, könnte eine 70 Kilogramm schwere Person täglich bis zu 490 ml Aperol konsumieren, ohne die zulässigen Grenzwerte zu überschreiten. Das entspricht etwa acht Gläsern Aperol Spritz.

Das ist zumindest das Rechenergebnis bei der Annahme, dass 100 Milligramm vom Farbstoff E 124 im Aperol enthalten sind. Und selbst wenn in Aperol Spritz die höchsten zugelassenen Mengen der beiden Farbstoffe enthalten wären, könnten immer noch 250 Milliliter davon bis zur Ausschöpfung der akzeptablen Aufnahmemenge von E 124 getrunken werden, beruhigt man vonseiten der Ages. "Bei verantwortungsvollem Konsum dieses Getränkes ist daher nicht von einer Gefährdung der Gesundheit durch die enthaltenen Azofarbstoffe auszugehen", sagt ein Ages-Sprecher zum STANDARD.

Alkohol bedenklicher als Farbstoffe

Wenn es schon um Gesundheitsgefährdung gehe, dann sei da ein anderer Inhaltsstoff der viel bedenklichere: der Alkohol. Dass es einen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und einem erhöhten Krebsrisiko gibt, ist mittlerweile vielfach bewiesen. Medizinische Fachleute warnen seit Jahren vor den gesundheitlichen Folgen des hierzulande deutlich zu hohen Alkoholkonsums. In Deutschland lassen sich etwa vier Prozent der jährlichen Krebsfälle direkt auf Alkoholkonsum zurückführen. Vor allem das Risiko für Speiseröhren- und Leberkrebs steigt durch Alkoholkonsum, warnt man beim Deutschen Krebsforschungszentrum.

Bereits rund 200 Gramm Alkohol pro Woche würden die Lebenserwartung um zwei Jahre senken. Umgerechnet wäre das täglich eine Halbe Bier oder zwei Flaschen Wein pro Woche. Aber auch schon kleinere Mengen seien gesundheitlich bedenklich, so die Deutsche Krebsgesellschaft, denn Alkohol habe ja nicht nur Auswirkungen auf das Krebsrisiko, sondern erhöhe auch das Risiko für andere Probleme wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Den Feierabend-Aperol sollte man also unabhängig von den Farbstoffen dennoch nur in Maßen genießen. (Magdalena Pötsch, 4.7.2024)