Ein Flugzeug parkt am Flughafen.
Bei Flugbuchungen sind dynamische Preise längst Usus. Andere Branchen springen auf den Zug auf.
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Im Gastbeitrag erklärt Jurist Wolfgang Guggenberger, was bei Preisen, die sich laufend ändern, rechtlich zu beachten ist.

Eine flexible Gestaltung der Preise – je nach Angebot und Nachfrage – gab es schon immer. Auch die berühmte Happy Hour zählt dazu. Am häufigsten und strategischsten wird Dynamic Pricing jedoch im E-Commerce eingesetzt. Aber auch wenn sich viele Konsumenten bei stark schwankenden Preisen ärgern – verboten ist Dynamic Pricing grundsätzlich nicht. Im Sinne des freien Wettbewerbs steht es Unternehmen zu, ihre Preise an Angebot und Nachfrage anzupassen. Auch durch Algorithmen angepasste oder personalisierte Preise verstoßen nicht prinzipiell gegen die gesetzlichen Vorschriften, jedoch sind dabei Rahmenbedingungen einzuhalten.

Entscheidend ist, dass Unternehmen ihren Informationspflichten nachkommen. Im Visier von Wettbewerbshütern und Konsumentenschützern stehen zudem vor allem Angebote, die diskriminierend sind, auf unrichtigen Tatsachen beruhen oder Konsumenten unter Druck setzen. Es kommt beispielsweise immer wieder vor, dass Unternehmen fälschlicherweise niedrigere Verfügbarkeitszahlen für Produkte angeben, um den Kaufdruck bei Kunden künstlich zu erhöhen. In der Vergangenheit kam es auch vor, dass Unternehmen Kunden, die von Geräten eines bestimmten Mobiltelefonanbieters aus suchten, vermehrt hochpreisige Produkte anboten.

Dynamic und Personal Pricing

Wenn wir von Dynamic Pricing sprechen, gehen wir damit zumeist von einem weiten Begriffsverständnis aus, das neben dem Dynamic Pricing im engeren Sinn auch den Begriff des Personal Pricing umfasst. Dynamic Pricing und Personal Pricing sind zwei unterschiedliche Preisstrategien, die jeweils auf verschiedene Weise die Preise anpassen. Dynamic Pricing bezieht sich auf eine flexible Preisgestaltung, bei der die Preise basierend auf aktuellen Marktbedingungen in Echtzeit angepasst werden. Beispielsweise können Flugtickets je nach Saison, Buchungszeitpunkt und Auslastung variieren.

Personal Pricing hingegen geht einen Schritt weiter, indem die Preise individuell auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten werden. Diese Strategie nutzt persönliche Daten und Verhaltensmuster, um maßgeschneiderte Preise anzubieten. So könnten zwei verschiedene Kunden für dasselbe Produkt unterschiedliche Preise sehen, basierend auf ihrem bisherigen Kaufverhalten oder anderen persönlichen Merkmalen. Während Dynamic Pricing auf allgemeine Markttrends reagiert, zielt Personal Pricing darauf ab, den Wert eines Produkts aus Sicht des einzelnen Kunden zu maximieren.

Rechtliche Grenzen

Mit der Umsetzung der EU-Modernisierungsrichtlinie vor zwei Jahren ist ein Schritt in Richtung Transparenz gelungen. Die Verbraucher müssen nunmehr besser über die Preisgestaltung, die Parameter zur Analyse von Produkten und Käufern informiert werden und sollen so eine bessere Grundlage für Kaufentscheidungen haben. Wenn sich der Preis für einen Flug oder ein Hotelzimmer kurzfristig verändert, so muss der Konsument darüber informiert sein, dass der Preis variieren kann. Eine noch stärkere Pflicht zur Aufklärung besteht bei Personal Pricing. Dort sind darüber hinaus vor allem auch die datenschutzrechtlichen Aspekte relevant.

Preisunterschiede für einzelne Kunden müssen nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sachlich begründet sein, beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Kosten oder Auslastungen. Eine erhöhte Zahlungsbereitschaft alleine rechtfertigt keinen höheren Preis. Eines der großen Themen beim Dynamic und Personal Pricing ist auch der Schutz und die Verarbeitung von Kundendaten. Denn nur durch die Verarbeitung der Datenmengen sind Ableitungen von Kaufverhalten sowie Nachfrage möglich. Für Unternehmen, die eine marktbeherrschende Stellung gegenüber Kunden innehaben, können sich darüber hinaus auch kartellrechtliche Einschränkungen bei der Preisgestaltung ergeben.

Lücken?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Dynamic und Personal Pricing zielen darauf ab, die Freiheit des Wettbewerbs zu behalten und das Recht der Konsumenten auf Information und Schutz vor Diskriminierung zu sichern. Für Unternehmen ist es vor allem wichtig, Kunden über Datensammlung und die dynamische Preisgestaltung zu informieren, sachlich gerechtfertigte Preisunterschiede vorzunehmen und Datenschutzbestimmungen einzuhalten. Die Europäische Kommission prüft derzeit innerhalb der "Digitalen Fairness-Eignungsprüfung des EU-Verbraucherrechts", ob das europäische Verbraucherrecht nach wie vor geeignet ist, ein hohes Maß an Schutz und Transparenz speziell im digitalen Bereich zu gewährleisten. Es bleibt abzuwarten, wie der Prozess weitergeht. (Wolfgang Guggenberger, 7.7.2024)