Scholz und Tusk lachend
Gute Laune in Warschau: Deutschlands Kanzler Olaf Scholz und Polens Premier Donald Tusk.
IMAGO/Aleksander Kalka

Warschau – Deutschland und Polen haben sich darauf verständigt, in der Verteidigungs- und Rüstungspolitik enger zusammenzuarbeiten. Russland sei derzeit die unmittelbarste und größte Bedrohung für den Frieden in Europa, heißt es in einem bei deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Warschau verabschiedeten Aktionsplan. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist dafür am Dienstag nach Warschau gereist. Polen erwägt demnach den Beitritt zur Luftverteidigungsinitiative Sky Shield.

Polen und Deutschland mögen zwar unterschiedliche Auffassungen über die Finanzierung von Verteidigungsprojekten haben, werden aber dennoch bei Projekten wie der European Sky Shield Initiative (ESSI) zusammenarbeiten, sagte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Dienstag. ESSI war von Deutschland initiiert worden. Österreich nimmt an dem gemeinsamen europäischen Luftverteidigungssystem ebenfalls teil.

Militärische Stärke an der Nato-Ostflanke

Dieser 40-seitige Aktionsplan soll die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland in den kommenden Jahren vertiefen und prägen. Die militärische Stärke des westlichen Verteidigungsbündnisses an der Ostflanke der Nato soll gestärkt werden. Sanktionen gegen Russland und Belarus sollen ausgebaut werden. Beide Länder erklärten außerdem, sie würden ihre Zusammenarbeit auf Regierungsebene vertiefen, um der Ukraine militärische Hilfe zu leisten, unter anderem bei der Reparatur und Wartung von Leopard-2-Panzern.

Gemäß dem Aktionsplan bekennen sich Deutschland und Polen außerdem dazu, die Arbeit der ostdeutschen Raffinerie PCK in Schwedt und damit auch die Kraftstoffversorgung für Polen gemeinsam zu sichern. Man werde die deutsch-polnische Zusammenarbeit von Unternehmen in den Bereichen Rohölinfrastruktur und Stabilität der Kraftstoffversorgung von Deutschland nach Polen fördern, heißt es im Aktionsplan. "Wir werden uns im Hinblick auf die Sicherstellung der Öllieferungen an die Raffinerie PCK in Schwedt, den Bedarf und Status von Öllieferungen an die Raffinerie PCK in Schwedt über das polnische Unternehmen Naftoport und dessen Eigentümerstatus abstimmen."

Scholz und Tusk vor Soldaten
Scholz wurde mit militärischen Ehren empfangen.
AFP/WOJTEK RADWANSKI

Falls es bei der Lieferung von Öl durch Russland zu Problemen komme, wollen sich Polen und Deutschland eng abstimmen, "um eine stabile Versorgung der Raffinerie PCK in Schwedt mit Öl und eine sichere Versorgung der Region aufrechtzuerhalten", betonen beide Regierungen.

Die deutsche Regierung hatte die staatliche Treuhand-Verwaltung für die Anteile des russischen Energiekonzerns Rosneft an der ostdeutschen Raffinerie Schwedt verlängert, weil noch kein Käufer für die russischen Anteile gefunden wurde.

Wichtiges bilaterales Treffen

Scholz ist in Warschau zunächst von Tusk mit militärischen Ehren empfangen worden. Die Begrüßung markierte den Start der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen. Es ist das erste Mal seit 2018, dass dieses wichtige bilaterale Treffen wieder stattfindet.

In Warschau geht es um die weitere Aussöhnung und Verständigung zwischen beiden Ländern. Erwartet wird, dass Berlin ein Finanzpaket für Polen vorlegt. Es soll sowohl Entschädigungszahlungen für noch lebende polnische Opfer der Besatzung durch Nazideutschland enthalten als auch deutsche Hilfe für die Verteidigung der Ostflanke der Nato. Zudem soll Geld fließen für den Bau des Deutsch-Polnischen Hauses in Berlin. Das Haus soll an die komplizierte deutsch-polnische Geschichte und die brutale deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs (1939–1945) erinnern und einen Ort des Gedenkens für die polnischen Opfer schaffen. (APA, 2.7.2024)