Wenn am Dienstag um 21 Uhr der portugiesische Schiedsrichter Artur Soares Dias das Spiel zwischen Österreich und der Türkei anpfeift, gibt es auch in der ARD einen Österreich-Bezug. Allerdings einen, auf den viele verzichten könnten. Das Erste zeigt den Krimi Steirergeld, im ZDF geht das Traumschiff auf Reisen. Wer sich für Fußball und weder für einen Krimi noch für eine Schmonzette interessiert, der schaut durch die Finger.

Türkeis Mittelfeldspieler Hakan Calhanoglu
Der Mittelfeldspieler der Türkei, Hakan Calhanoglu, muss sich Dienstag aufgrund seiner Gelbsperre mit der Zuseherrolle zufriedengeben. Vielen Fans der türkischen Nationalmannschaft bleibt auch das verwehrt, weil das Spiel gegen Österreich nicht im Free-TV zu sehen ist.
EPA/ABEDIN TAHERKENAREH

Denn das Achtelfinalspiel zwischen Österreich und der Türkei findet abseits des öffentlich-rechtlichen Rundfunks statt – und zwar exklusiv bei Magenta TV im Pay-TV. Das sorgt in Deutschland für ordentlich Unmut, vor allem bei den Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln und vermutlich auch bei ein paar Tausend Österreicherinnen und Österreichern, die sich im Land befinden.

"Beschämend" für Gebührenzahler

Der Ärger entlädt sich in erster Linie in sozialen Medien, wie etwa tagesschau.de berichtet. Özcan Mutlu, Politiker der Grünen, nannte die "Entscheidung" von ARD und ZDF "beschämend", denn: "Etwa eine Million türkische Haushalte in Deutschland zahlen GEZ-Gebühren!" Tim Vollert von der SPD kritisiert: "Es sind solche kleinen Stiche, welche die Beliebtheit des ÖRR in der Bevölkerung erodieren. Tausend sinnbefreite Instagram/Tiktok-Kanäle finanzieren, aber so ein Massenspektakel hinten rüber fallen lassen."

Magenta mit größtem Rechtepaket

Das Problem ist aber nicht die Ignoranz von ARD und ZDF gegenüber der türkischstämmigen Bevölkerung, sondern die Crux mit den Übertragungsrechten, von der in Österreich auch der ORF ein Lied singen kann. Während in Österreich Servus TV der Rechteinhaber ist und der ORF als Sublizenznehmer agiert, sind in Deutschland mit ARD, ZDF, RTL und Magenta TV gleich vier TV-Sender im Spiel, wobei das Telekommunikationsunternehmen die Exklusivrechte erworben hat und alle Spiele live zeigt. ARD, ZDF und RTL haben ihre Matches in einem Deal mit Magenta TV gekauft.

"Frühzeitig buchen"

Magenta TV hat sich in dem komplexen Verteilungsschlüssel fünf EM-Partien exklusiv im Portfolio behalten, darunter befindet sich ein Achtelfinalspiel. Das macht sich jetzt bezahlt. Auch wenn von den Vertragspartnern Vertraulichkeit darüber vereinbart wurde, wer sich welche Spiele unter welchen Umständen und mit wie viel Geld gesichert hat, scheint es klar, dass Magenta TV nicht zufällig das Spiel zwischen der Türkei und Österreich im Programm hat. Selbst wenn es nur der Zufallsgenerator gutgemeint hat, Magenta gehört jedenfalls zu den Gewinnern des Achtelfinales. Der Tarif Magenta TV Flex schlägt beispielsweise mit zehn Euro pro Monat zu Buche. "Frühzeitig buchen" lautet demnach auch der Tipp auf der Homepage der Telekom.

Die Sportschau der ARD erklärte den Deal auf Instagram so: "So sind leider die Regeln, und so läuft mittlerweile auch das Business der TV-Übertragungsrechte. Wir können verstehen, wenn es deswegen Unmut gibt. Der Kampf um die Fußballrechte wird leider immer teurer."

Servus TV zeigt EM nur in Österreich

Von Österreich können sich Fans in Deutschland jedenfalls keine Schützenhilfe erwarten. Rechteinhaber Servus TV darf die EM-Partien nur in Österreich zeigen, das gilt sowohl linear als auch für Servus On. (Oliver Mark, 2.7.2024)