Eine Oma hält ihr kleines Enkelkind in die Luft und lacht
Auch in Österreich gibt es die Idee der Großelternkarenz. Viele befürchten allerdings, dass die Regelung Pensionsverluste für Großmütter bedeutet.
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Schweden ist für viele ein Sinnbild für moderne Familien- und Gleichstellungspolitik. Schon 1974 hat das Land als erstes den Karenzanspruch für Väter eingeführt. Die dortige Gesetzgebung ermutigt seither Eltern zum Aufteilen sowohl der Erwerbsarbeit als auch der unbezahlten Sorgearbeit.

Nun gibt es eine neue Innovation: Seit 1. Juli 2024 haben auch Großeltern und andere nahe Verwandte die Möglichkeit in Karenz zu gehen und Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. Dafür müssen die Eltern das Kinderbetreuungsgeld auf die Großeltern der Kinder übertragen. Elternpaare können maximal 45 Tage übertragen, einem alleinstehenden Elternteil stehen 90 Tage zu. Damit sollen vor allem Alleinerziehende entlastet werden. Die Leiterin der schwedischen Versicherungsanstalt sagt, das neue Gesetz biete Eltern vor allem "mehr Flexibilität und Möglichkeiten".

Die Bedingungen, um das Kinderbetreuungsgeld zu beziehen, sind dieselben wie für Eltern. In erster Linie muss man eine aufrechte Sozialversicherung haben. Dies ist bei den meisten Menschen in Schweden der Fall. Die Höhe des Geldes für die Kinderbetreuung richtet sich immer nach dem Einkommen. Sind die Großeltern etwa schon in Pension, bekommen sie laut schwedischen Medienberichten für die Betreuung der Enkelkinder dennoch eine Entschädigung auf Basisniveau.

Großelternkarenz in Österreich

Die Idee einer Karenz für Omas und Opas stellte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu Beginn des Jahres in seinem "Österreich-Plan" vor. Geht es nach ihm, könnten sich berufstätige Großeltern künftig vom Erwerbsleben zurückziehen, um für ihre Enkel Betreuungspflichten zu übernehmen, und Kinderbetreuungsgeld beziehen. Ähnlich dem schwedischen Modell.

Die Meinungen zu diesem Vorschlag waren allerdings gespalten: Während die einen große Vorteile erkennen, befürchten andere, dass durch die Großelternkarenz Dinge gebremst werden, die gerade erst mühevoll in Bewegung gekommen sind. Etwa der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Schließlich hätten nicht alle Eltern die Möglichkeit, auf Oma und Opa zurückzugreifen.

Befürchtet wird auch, dass die ohnehin geringe Väterbeteiligung sich durch eine Großelternkarenz weiter reduziert. In Österreich gehen gerade einmal zehn Prozent der Väter für drei Monate oder kürzer in Karenz. Länger als sechs Monate gehen nur ein Prozent der Väter in Karenz. "Wenn man dieses Modell wirklich einführt, müsste man ganz massiv darüber nachdenken, wie man Männer dazu bewegt, sich aus dem Arbeitsprozess zu begeben und auf die Kinder zu schauen", sagt etwa Manuela Vollmann, Geschäftsführerin des Frauenberufszentrums ABZ in Wien, in einem Interview mit der STANDARD.

Und zuletzt ist die Frage, wie viele Opas tatsächlich in Karenz gehen würden, wenn das schon bei den Vätern nicht klappt. Wäre dann die Großelternkarenz nicht eigentlich eine Oma-Karenz? Ein Viertel der Frauen über 65 Jahre sind in Österreich bereits jetzt armutsgefährdet. Kritikerinnen befürchten, die Großelternkarenz könnte ihre finanziell schlechter gestellte Situation weiter verschärfen. (Nadja Kupsa, 2.7.2024)