Österreichische Flagge verdunkelt Sonne
Das Außenministerium und das Justizministerium können auch dabei unterstützen, österreichische Häftlinge in den österreichischen Strafvollzug zu überstellen: Grundlage dafür sind aber bilaterale Abkommen oder das Völkergewohnheitsrecht.
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Seit 2019 wird die 27-jährige Maria G. aus Salzburg in einem Zeltgefängnis im Nordosten Syriens festgehalten. Die ehemalige IS-Anhängerin ist Österreicherin und fordert deswegen vom Außenamt eine Rückholung aus Syrien. Sie sei bereit, sich einem Gerichtsprozess in Österreich zu stellen, wie ihre Familie bei einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am Freitag sagte. Sie lebt im Lager aktuell unter Bedingungen, die einer Haft ähneln – hat aber keine Aussichten auf einen rechtsstaatlichen Prozess. Der Hintergrund ist die Situation in Syrien, das von Krieg und politischen Krisen gebeutelt ist. Das Außenministerium will die IS-Anhängerin nicht zurückholen – wohl aber ihre Kinder. Das Bundesverwaltungsgericht wird in den kommenden Wochen eine diesbezügliche Entscheidung treffen.

Botschaften müssen unterstützen

Maria G. ist nicht die einzige Österreicherin, die im Ausland in Gefangenschaft sitzt – wenngleich ihre Situation aufgrund des Krieges als Ausnahmefall gilt. "Nach unserem Kenntnisstand sind aktuell rund 160 Österreicherinnen und Österreicher im Ausland inhaftiert", sagt eine Sprecherin des Außenministeriums auf Anfrage. Die Vorwürfe und Verurteilungen umfassen Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit oder gegen Leib und Leben, Drogendelikte, Vermögensdelikte, Delikte der Schlepperei und Menschenhandel sowie Sexualdelikte.

Zuletzt dazugekommen ist ein 24-Jähriger, der in den USA festgenommen wurde, weil er in Florida eine 15 Jahre alte Internetbekanntschaft getroffen und mutmaßlich mit ihr Sex hatte. Dies würde gegen das dortige Schutzalter verstoßen. Aus dem Ministerium heißt es, dass die österreichische Botschaft in Washington in Orlando "mit dem Betroffenen, dessen Angehörigen und den lokalen Behörden in ständigem Austausch ist". Das dortige Honorarkonsulat habe dabei geholfen, dass die Mutter des Mannes mit ihm sprechen könne, zudem sei er mit Unterstützung der Botschaft in einen geräumigeren Gefängnistrakt verlegt worden.

Rechtshilfe muss selbst finanziert werden

Den österreichischen Vertretungen fallen bei Verhaftungen österreichischer Staatsangehöriger verschiedene Aufgaben zu: So müssten nach einem völkerrechtlichen Übereinkommen, dem 182 Staaten zugestimmt haben, Herkunftsstaaten über jede Festnahme, Anhaltung oder Haft informiert werden. Voraussetzung sei eine Zustimmung der Betroffenen, weswegen nicht jede Internierung bekannt sei. Dann hielten die österreichischen Vertretungen mit den Inhaftierten Personen regelmäßigen Kontakt, um etwa bei Sprachproblemen zu helfen. Gegebenenfalls unterstütze man zusammen mit dem zuständigen Justizministerium auch dabei, österreichische Häftlinge in den österreichischen Strafvollzug zu überstellen: Grundlage dafür sind aber bilaterale Abkommen oder aber das Völkergewohnheitsrecht – wenn also die Praxis zwischen zwei Staaten bereits gängig ist.

Die Vertretungen würden gegebenenfalls auch dabei helfen, einen Rechtsanwalt zu organisieren. So gebe es Vertrauensanwälte, die Betroffene im Regelfall betreuen oder andere Juristinnen und Juristen empfehlen könnten. Allerdings müssten die inhaftierten Personen dies selbst finanzieren.

FPÖ lobbyierte für Rechtsradikalen

Im Vorjahr erregte der Fall Herbert F. einiges Aufsehen: Der in der rechtsextremen Szene immer wieder aufgefallene 84-Jährige reiste nach Afghanistan, um zu beweisen, dass es sich um ein sicheres Reiseland handle. Dann wurde er wegen mutmaßlicher Spionage neun Monate lang festgehalten. Frei kam er, weil das Emirat Katar vermittelte.

Der Fall erlangte besondere öffentliche Aufmerksamkeit, nachdem der ehemalige freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer und der Ex-Nationalratsabgeordnete Johannes Hübner im Vorjahr Taliban-Regierungsfunktionäre in Afghanistan getroffen hatten, um F. zurückzuholen. Parteichef Herbert Kickl bezeichnete das später als eine "unglaubliche Dummheit" von "Polit-Rentnern". Im Februar, kurz vor F.s Freilassung, trat dann aber der aktive FPÖ-Abgeordnete Martin Graf gemeinsam mit der Tochter des Inhaftierten vor die Medien und forderte einen stärkeren Einsatz des österreichischen Außenamts. (Muzayen Al-Youssef, 2.7.2024)