Städtchen Limone Sul Garda am Ufer des Gardasees
Für Touristinnen und Touristen am Ostufer des Gardasees verläuft der Urlaub wohl anders als erhofft: Über das Trinkwasser verbreiten sich die hochinfektiösen Noroviren in der Region.
Getty Images/iStockphoto/YKD

Eigentlich kennt man Torri del Benaco als beliebtes Urlaubsziel. Als besonders malerischen Ort mit charmanter Altstadt – direkt am Ostufer des Gardasees und nördlich des Weinbaugebiets Bardolino gelegen.

Aktuell hört man von dem 2900-Einwohner-Dorf allerdings in anderem Kontext: In den vergangenen Tagen ist in der Region das Norovirus ausgebrochen – DER STANDARD berichtete dazu hier. Innerhalb kürzester Zeit waren Hunderte von Erbrechen, Übelkeit, Bauchkrämpfen und Fieber betroffen – den typischen Norovirus-Symptomen. Mittlerweile zählt man über 1000 Fälle, einige von ihnen wurden ins Krankenhaus von Peschiera del Garda eingeliefert.

Virus verbreitet sich über Wasserversorgung

Noroviren verbreiten sich vor allem über das Leitungswasser. Üblicherweise liest man deshalb von solchen Ausbrüchen, wenn überhaupt, im Zusammenhang mit Kreuzfahrtschiffen. Dort haben die hochinfektiösen und extrem resistenten Viren nämlich besonders leichtes Spiel, berichtet der Infektiologe Herwig Kollaritsch: "Das Wassersystem ist auf Schiffen naturgemäß ein in sich abgeschlossenes System. Sind die Viren da erst einmal drin, ist das ein Super-GAU schlechthin."

In Festlandgebieten ist ein Norovirus-Ausbruch eher ungewöhnlich, sagt der Infektiologe: "Eine Person scheidet die Noroviren aus, die landen dann normalerweise in der Kanalisation, und die Geschichte ist erledigt, weil zwischen der Kanalisation und der Trinkwasserversorgung keine Verbindung besteht." Wie also kam das Virus in die Wasserversorgung der betroffenen Region?

Das ist bislang nicht geklärt. Genau das ist auch die Herausforderung, sagt der Infektiologe: "Solange man nicht weiß, woher der Ausbruch kommt, kann man ihn auch nicht effektiv bekämpfen." Eine Möglichkeit für Noroviren, in die Nahrungsmittelkette zu kommen, sind Umwelteinflüsse. Das heißt: Möglicherweise könnte der Anstieg des Gardasees etwas mit dem Norovirus zu tun haben. Nach den starken Regenfällen in den vergangenen Wochen ist der Pegel deutlich höher als sonst, zuletzt stand das Wasser im Jahr 1977 so hoch. Das könnte zu einer Überlastung des Abwassersystems geführt haben. Eine andere Theorie ist, dass ein Aquädukt durch Fäkalien aus dem See verunreinigt worden sein könnte.

Zähne putzen mit Flaschenwasser

Bestätigt ist bisher keine dieser Vermutungen. Bis die Ursache gefunden und behoben ist, sollte man Leitungswasser in der Region jedenfalls vermeiden. Die Gemeinde Torri del Beanco hat diesbezüglich eine entsprechende Verordnung erlassen. Die Bevölkerung und Touristinnen und Touristen werden mit Wasserflaschen versorgt und sollten sich zusätzlich mit abgepacktem Wasser aus Supermärkten eindecken. Die Wasserleitungen in Torri del Benaco werden zudem mit Chlor desinfiziert.

Außerdem sollten alle Menschen, die sich in der Region aufhalten, auf eine gründliche Handhygiene inklusive Desinfektion achten, rät Kollaritsch. Das Wasser aus der Leitung sollte man unter allen Umständen vermeiden. "Nicht einmal Zähne putzen sollte man damit", warnt der Infektiologe – denn bei den Noroviren könne schon eine sehr geringe Dosis eine Erkrankung auslösen. Die Viren könnten zudem nicht nur über das Wasser, sondern auch über Essen übertragen werden. Das Wasser aus der Leitung sollte man dementsprechend auch nicht zum Kochen oder Abspülen von Lebensmitteln verwenden, um eine Infektion zu vermeiden. Und auch auf Eiswürfel im Getränk sollte man verzichten – die werden ja auch aus Leitungswasser produziert.

Explosionsartiger Brechdurchfall

Das hochansteckende Norovirus verursacht einen plötzlich auftretenden, nahezu explosionsartigen Brechdurchfall. Vor allem bei Kindern kann eine Infektion deshalb unter Umständen gefährlich werden. Durch die vielen Ausscheidungen in kurzer Zeit verlieren sie viel Flüssigkeit. Sind Kinder betroffen, ist also fachärztliche Hilfe sinnvoll.

Im Normalfall klingen die Symptome nach ein bis zwei Tagen wieder ab. Für Erwachsene sei die Erkrankung zwar sehr unangenehm, aber in der Regel nicht weiter gefährlich. Es gebe keine langfristigen Schäden, sagt Kollaritsch. Ist die gesamte Viruslast ausgeschieden, ist die Infektion auch tatsächlich überstanden. Das sei der Vorteil dieser Viren, wenn man so will: "Man hat sie, man leidet ungemein, aber dann ist es auch wieder vorbei." (Magdalena Pötsch, 2.7.2024)