Jordan Bardella, Chef der Rechtspartei RN, will Premierminister in Frankreich werden.
AP/Aurelien Morissard

Europas Rechts- und Nationalpopulisten haben einen Lauf. Unbestreitbar. Nicht zu relativieren. In den Niederlanden kam im November der EU- und islamfeindliche Geert Wilders auf Platz eins. Bei der EU-Wahl im Juni verzeichneten rechte Gruppen bedeutende Zuwächse, in Österreich die FPÖ. Am Samstag kündigte ihr "Altmeister" Viktor Orbán für den folgenden Tag zwei "bedeutende Ereignisse" in Paris und Wien an. Sonntag präsentierte er mit FPÖ-Chef Herbert Kickl dann die Gründung einer "patriotischen Allianz". Und in Paris ging ein anderer, wirklich extremer Stern auf: der von RN-Chef Jordan Bardella (28), dem "Küken" der rechten Übermutter Marine Le Pen.

Unterschätzte Probleme

Bardella strebt nun die absolute Mehrheit im Parlament an, um als Premierminister den liberalen Präsidenten Emmanuel Macron in die Knie zu zwingen. Am Dienstag trat die neue Regierung in Den Haag an. Zwar ist der Spitzenbeamte Dick Schoof Premier, nicht Wilders – aber Letzterer dominiert das Bündnis.

Was ist aus einer solchen rechten Welle zu lernen? Erstens: Wir sind viel weniger offene Europäer, als manche glauben möchten. Der sanfte Nationalstolz bei der Fußball-EM lässt grüßen. Zweitens: Die linken, liberalen und gemäßigt konservativen Parteien haben seit Jahren unterschätzt, wie sehr Probleme mit Migration, Kriminalität sowie der rasche Wandel durch EU-Integration die Gesellschaften irritieren. Nur gegen rechts zu sein ist zu wenig.

Drittens: Wieso werden bei der EM nur die Nationalhymnen abgespielt, die Europahymne aber nie? (Thomas Mayer, 2. Juli 2024)