Am Cern werden riesige Datenmengen produziert, die irgendwie in vernünftiger Zeit zu Forschungsteams auf der ganzen Welt gelangen sollen. Niederländischen Netzwerktechnikern ist jetzt ein Durchbruch gelungen.
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Am Ende gab es ein wohlverdientes High five zwischen zwei Netzwerktechnikern am Cern, dem Standort des Teilchenbeschleunigers Large Hadron Collider (LHC) nahe Genf in der Schweiz. Der Grund für den Jubel war eine Zahl auf einem unscheinbaren Bildschirm. Dem Duo war es gelungen, eine stabile Verbindung herzustellen, die in der Lage ist, 800 Gigabit pro Sekunde über eine Strecke von 1560 Kilometern zu übertragen.

Joachim Opdenakker und Edwin Verheul arbeiteten im Auftrag von Surf, einem niederländischen IT-Verband für Forschungs- und Bildungseinrichtungen, an dem Highspeed-Netz. Damit sollen Forschungsdaten zwischen dem LHC in der Schweiz und Datenspeichern in den Niederlanden ausgetauscht werden.

Eine Datenübertragungsrate von 800 Gigabit pro Sekunde entspricht ziemlich genau dem 8000-Fachen der durchschnittlichen österreichischen Breitbandgeschwindigkeit von 98,89 Mbps, wenn man die aktuellen Daten des Analyseunternehmens Ookla heranzieht. Oder wer gern den bildlichen Vergleich hätte: Diese Datenmenge würde ausreichen, um pro Sekunde 21 DVDs zu übertragen.

Riesige Datenmengen am Cern

Solche enormen Datenübertragungsraten sind vor allem in der Forschung notwendig, wie die BBC berichtet. Jedes Mal, wenn bei Experimenten am Teilchenbeschleuniger ein winziges subatomares Teilchen mit einem anderen zusammenstößt, erzeugt der Aufprall Datenmengen von etwa einem Petabyte pro Sekunde – was wiederum etwa 220.000 DVDs entspricht. Diese enormen Datenpakete werden zwar komprimiert, aber es müssen immer noch riesige Mengen an die Forschungslabore in der ganzen Welt übertragen werden.

Mit dem Duplexkabel vom Cern zu den Datenzentren in den Niederlanden ist nun genau eine solche Highspeed-Übertragung gelungen. Die Adern schlängeln sich von Genf nach Paris, weiter nach Brüssel und schließlich nach Amsterdam über eine Strecke von 1650 Kilometern. Ein Problem beim Erreichen von 800 Gigabit/s bestand darin, Lichtimpulse über eine so lange Strecke zu übertragen. "Aufgrund der Entfernung nimmt die Leistung des Lichts ab, sodass man es an verschiedenen Stellen verstärken muss", erklärt Opdenakker.

Außerdem wird der LHC bis 2029 aufgerüstet und soll dann noch mehr wissenschaftliche Daten als heute produzieren. "Die Aufrüstung erhöht die Anzahl der Kollisionen mindestens um das Fünffache", sagt James Watt, Senior Vice President und General Manager für optische Netzwerke bei Nokia, dem Hardwarezulieferer für die neue Datenautobahn. Die Zeit, in der 800 Gbit/s langsam erscheinen, ist also gar nicht mehr so weit entfernt.

Rekord bei 22,9 Petabit

Die Leitung vom Cern nach Amsterdam ist nicht unbedingt die schnellste Glasfaserleitung, denn auch Unterseekabel haben natürlich deutlich größere Datendurchsatzraten. Andere Geschwindigkeitsrekorde werden eher im Labor aufgestellt. Im November brach ein japanisches Forscherteam den Geschwindigkeitsweltrekord für Datenübertragungen, als es erstaunliche 22,9 Pbps erreichte. "Das ist genug Bandbreite, um jeden einzelnen Menschen auf dem Planeten und noch ein paar Milliarden mehr mit einem Netflix-Stream zu versorgen", sagt Chigo Okonkwo von der Technischen Universität Eindhoven, der an der Arbeit beteiligt war. Die Distanz war mit 13 Kilometern aber ungleich kürzer. Dafür wurden auch eigens angefertigte Kabel verwendet. Britischen Forschern ist es im Frühjahr gelungen, über herkömmliche Glasfaserleitungen 301.000 Gigabit pro Sekunde zu übertragen. (pez, 2.7.2024)