Grazia Patricia undFranz Steiner in "Mädl aus der Vorstadt" bei den Nestroy-Spielen Schwechat.
Barbara Pálffy

Liebe und Geld – darum geht es, kurz gesagt und alle zur Heiterkeit des Stoffes beitragenden Verstrickungen und Verwirrungen außen vor gelassen, in Johann Nestroys Posse Das Mädl aus der Vorstadt. Die Vorstadt, das war zu Zeiten des Autors (1801–1862) ein Ort der Kornhändler, Näherinnen, Stubenmädchen, Stickerinnen – aber auch einer von viel sozialem Elend voller prekärer Existenzen und Trunkenbolde. Bei den Nestroy-Spielen Schwechat spricht man heuer über sie als "Outcasts von heute“: Nestroys Näherinnen findet man in der Inszenierung von Intendant Christian Graf etwa in einer LGBTIQ-Bar. Dragqueens gibt's in dieser Vorstadt ebenso wie People of Color, und Mann trägt mitunter Lederharness (Kostüme: Andrea Költringer). Sozialkritik im zeitgenössischen Sinn also!

Die wollen heuer auch die Schlossspiele Kobersdorf im Burgenland bieten. Carlo Goldonis Diener zweier Herren ist ein Klassiker der Commedia dell'Arte. Liebe und Geld – da wäre das Gespann wieder als Haupthandlungsmotiv, diesmal aber ganz anders gelagert – treiben die Verkleidungskomödie an. 2007 hat der Dichter Peter Turrini sie bearbeitet, mit Blick auf politische und ökonomische Zwänge geschärft. Wie das von Beverly Blankenship mit Hubsi Kramar und Wolfgang Böck inszeniert aufgeht, ist bis Ende Juli zu sehen. Ab August läuft auch in Stockerau eine Inszenierung des Stücks.

Tanz im Wasser

Bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf setzt man derweil auf Heinrich von Kleist. Intendant Alexander Paul Kubelka besorgt Regie und Bühne in Amphitryon rund um Jupiter, der sich in der Gestalt des titelgebenden Feldherrn (Doppelrolle: Jakob Seeböck) ins Bett von dessen Frau Alkmene (Larissa Fuchs) lügt. Gespielt wird vor der Kulisse der Burg in einem Wasserbecken, als reduzierte Ausstattung dienen große, wie im Wind wehende "marmorne" Tücher der Arachne, jener Weberin der Mythologie, die den Göttern ihre Liebeseskapaden bildlich vorhielt. Spannend auch die Spiegelung des Amphytrion in Person des Tänzers Miguel Angel Collado.

Die Sommertheater sind übers ganze Land verstreut: Laxenburg, Theatersommer Haag, Sommerspiele Melk. Bei den Komödienspielen Porcia in Kärnten hatte – der Name verpflichtet zu Heiterkeit – Nestroys Talisman (Regie: Angelica Ladurner) schon Premiere, am Plan der kommenden Wochen stehen noch Rent a friend (von Folke Braband), Hochzeit auf Italienisch (von Eduardo de Filippo) und Funny Money (von Ray Cooney). Die Raimundspiele Gutenstein machen ab 10. Juli ihrem Namensgeber mit Der Verschwender ihre Aufwartung, Helmut Wiesner inszeniert, es spielen unter anderem Günter Franzmeier und Rudi Roubinek. Beim Braunauer (!) Theatersommer läuft ab 11. Juli George Taboris Mein Kampf (!). In Grein lässt man sich Das Abschiedsdinner schmecken – oder eben nicht. Die Komödie übers Schlussmachen mit Freunden läuft noch bis Mitte Juli. (Michael Wurmitzer, 2.7.2024)