Kevin de Bruyne beim Verarbeiten des Scheiterns.
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Düsseldorf – Kevin De Bruyne suchte Trost bei seinen Kindern, das nächste viel zu frühe Turnier-Aus für den ewigen Geheimfavoriten hatte ihm sichtlich zugesetzt. Und dann noch diese bohrenden Fragen, nach der "goldenen Generation" der Belgier oder einem möglichen Rücktritt aus der Nationalmannschaft: De Bruyne (33) wollte nur noch weg aus Düsseldorf und am liebsten gar nichts mehr sagen.

Doch der Star von Manchester City, einer der besten Mittelfeldspieler der vergangenen zehn Jahre, konnte sich als Belgiens Anführer nicht einfach davonstehlen – und so entspann sich ein patziges Wortgefecht mit einem nervenden Fragesteller, während dem De Bruyne "stupid" vor sich hinbrummelte.

Kevin De Bruyne suchte Trost bei seinen drei Kindern (oben Mitte).
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"Wie fühlt es sich an, dass Sie mit der goldenen Generation nie ein Finale erreicht haben?" De Bruyne: "Was ist eine goldene Generation?" Reporter: "Eure." De Bruyne: "Unsere? Und Sie sagen, dass Frankreich, England, Spanien und Deutschland keine haben? Okay."

Okay? Gar nichts war okay nach dem bitteren 0:1 im Achtelfinale gegen Frankreich. Die Chancen auf den Sieg waren da. Doch nun deutet vieles darauf hin, dass De Bruyne, von dem Trainer-Guru Pep Guardiola sagt, er sei "einzigartig auf der Welt", dass dieser feine Stratege die Nationalmannschaft ohne das ganz große Vermächtnis verlässt, das seine Generation versprochen hatte.

Ziemlich erledigt: Belgiens Ausnahmekicker Kevin de Bruyne und Romelu Lukaku.
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Für eine endgültige Entscheidung war es an diesem traurigen EM-Abend allerdings noch "zu früh", sagte De Bruyne, als er seinen Frust runtergeschluckt hatte. "Lasst mich das zuerst verarbeiten. Ich werde ruhig bleiben und sorgfältig nachdenken." Doch das Alter nagt an ihm, schon in der vergangenen Premier-League-Saison war er wegen einer Oberschenkelverletzung monatelang ausgefallen.

Und die Spiele mit der neuen Champions League, der Klub-WM und allen Wettbewerben in England werden mehr. 85 Partien könnten es für City 2024/25 werden, rechnete De Bruyne vor. "Das ist sehr viel", hatte er schon vor dem Spiel im Interview mit Het Laatste Nieuws gesagt. Ob die Kraft da noch für einen weiteren Anlauf mit Belgien reicht? Immerhin wird De Bruyne bei der nächsten WM 35 Jahre alt sein.

Domenico Tedesco muss er vor seiner Entscheidung nicht fragen. "Kevin braucht meine Meinung nicht – er kennt sie ganz genau", sagte der Nationaltrainer. Tedesco würde gerne mit De Bruyne weitermachen, der Deutsch-Italiener ist nach den schwachen Auftritten angezählt. Auf einen Strategen wie De Bruyne, der Belgien 2018 ins WM-Halbfinale geführt hatte, kann und will er nicht verzichten. (sid, 2.7.2024)