PEZ-Zuckerlspender
71 Jahre und über tausend verschiedene spendende Klappköpfe später: Die Zuckerlfirma Pez aus dem oberösterreichischen Traun ist noch immer alive und klickend.
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Es ist nicht ganz billig. Nach der Möglichkeit, sich zuletzt etwa in Form eines Porträts aus der Serie The Simpsons verewigen oder mittels KI in diversen Multiversen zwischen Star Trek, Game of Thrones oder personalisierten Gemälden im Stile glubschäugiger oder mit Unterbiss regierender europäischer Königshöfe online porträtieren zu lassen, geht es nun in Richtung drastisches Plastik. Wie der global agierende Zuckerlfabrikant PEZ aus Traun bei Linz soeben bekanntgegeben hat, kann man sich ab sofort auch die berühmten PEZ-Spender nach eigenem Porträtfoto anfertigen lassen.

Für 99 beziehungsweise 149 Euro in der von führenden Raketenwissenschaftern in geheimen Geheimlabors über eine sogenannte "Applikation" bestellbaren 3D-Version wird man so nicht nur endlich zu einem künstlerischen Einzelstück, das man sich in edler Verpackung gemeinsam mit drei mitgelieferten Packungen von mit edelsten Aromen veredelten Zuckerstücken für die Ewigkeit oder die Enkerln aufhebt. Man kann dadurch auch eine Kollegin oder ein Habschi von berühmten historischen Figuren wie Pu der Bär, Super Mario, Darth Vader, dem Klan der Glücksbärchis, Hello Kitty, My Little Pony, Barbie, Micky Maus oder Arielle der Meerjungfrau sowie Meghan Markle und Prinz Harry werden.

Monument des Alltäglichen

Die zum Monument des Alltäglichen in der Kunst gewordene Suppendose von Andy Warhol als Demokratieschub einer Copy-Paste-Kunst für die Generation Ikea bis hin zu einer nicht viele Jahre später möglichen individuellen Gestaltung einer Briefmarke aus der österreichischen Staatsdruckerei mit dem eigenen Plutzer drauf haben endgültig ihren Reiz verloren. Und auch die mit Filtern erzeugte Kulturtechnik des Selfies von Influencern und Influencerinnen in der Wüstenei von Dubai, abgerockten Baustellen-Cafés in Berlin oder dem Spargelanbaugebiet im burgenländischen Podersdorf muss da zurückstehen. Der Oligarch klappt in Zukunft das Maul zurück und spendet sich selbst und dem ständig nach Zucker und Selbstbestätigung gierenden Affen im Gehirn in Form einer Höchstleistung des Narzissmus den dringend benötigten Stoff.

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So sollen die personalisierten "PEZ, MyHead"-Spender aussehen.
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Ob dabei dereinst Höchstpreise zu erzielen sind wie für das Einzelstück des "Astronaut B", das 1982 für die Weltausstellung im amerikanischen Knoxville angefertigt wurde und vor einigen Jahren bei einer Auktion für 32.000 Dollar verkauft wurde, bleibt abzuwarten. Möglicherweise sollte man vorher dafür Sorge tragen, dass man auch über andere Kanäle einen gewissen Ruf und ein öffentliches Alleinstellungsmerkmal erreicht. Ein Zuckerlspender mit Taylor Swift als Kopf würde sich neben diesem neuesten Werbecoup aber für den seit 1927, heute weltweit bis in die USA und China agierenden Familienbetrieb anbieten. Wie man in Oberösterreich sagt: So ein Einzelstück der Marke Josef Scheiblingseder, Oleg Deripaska oder Tante Günther macht das Kraut längerfristig auch nicht fett.

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"PEZ, MyHead" schrammt bei den Werbebildern an der Zielgruppe womöglich etwas vorbei.
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Dem Zeitgeist und modernen Ernährungsformen entsprechen die damals entwickelten, ursprünglich mit Pfefferminzöl, später mit Himbeer, Zitrone, Orange oder Kirsche behübschten Traubenzuckerbonbons als frische Alternative für Kettenraucher ohnehin schon lange nicht mehr: "Rauchen verboten, PEZen erlaubt", so der damals von einem Linzer Lebensmittelhändler zum Zuckerfabrikanten aufgestiegene Eduard Haas III. in einem Werbespruch. PEZ setzt sich übrigens aus dem ersten, dem mittleren und dem letzten Buchstaben von Pfefferminz zusammen.

Zahnärzte warnen

"Empfohlen" wird der Gebrauch der nach den Blechdosen für Erwachsene aus der Anfangszeit ab 1953 mit den heutigen Comicköpfen verzierten, neben Europa speziell auch in den USA, in Japan und in China erfolgreichen PEZ-Spender für Kinder ab drei Jahren. Kein Zahnarzt, der schon ein Haus am See und ein dazugehöriges Boot besitzt, würde heute den Genuss der Zuckerln empfehlen. Und auch in Supermärkten an der Kassa fallen PEZ-Spender nicht mehr groß auf. Immerhin enthalten auch Karottensticks bei Kindergartenfesten jede Menge Zucker. Diese gehen längst als Süßspeise durch – und es schmeckt uns allen sehr gut! Allerdings könnten sich die personalisierten PEZ-Köpfe ab sofort als Geburtstagsgeschenk zum Verkaufsrenner bei der Generation Wickie, Slime & Paiper entwickeln. Taylor Swift müsste in diesem Fall noch etwas auf die Gesellschaft von Meghan Markle und Prinz Harry warten. (Christian Schachinger, 3.7.2024)