Mehr als vier Jahre lang kannte die Wirtschafts- und Lohnpolitik in Österreich nur ein Ziel: in Zeiten der Krisen – von Corona über die Explosion im Gaspreis bis zur Inflationswelle – die Bevölkerung vor Einkommenseinbußen zu schützen. Dennoch ist der Lebensstandard seit 2019 gesunken, während er in anderen europäischen Staaten und vor allem in den USA gestiegen ist.

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Das oberösterreichische Technologieunternehmen Fronius ist einer der Betriebe, die unter der Wirtschaftsflaute leiden.
APA/BARBARA GINDL

Nun war Österreich durch seine Abhängigkeit von russischem Gas stärker als andere vom Ukrainekrieg betroffen. Aber der Hauptgrund für die Misere liegt darin, dass die türkis-grüne Regierung einen Faktor vernachlässigt hat: die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines stark exportabhängigen Landes.

Österreich ist in eine ökonomische Falle getappt, die typisch für populistische Regierungen ist: zu glauben, dass mehr Geld allein für mehr Wohlstand sorgt. Das mag etwa stimmen, wenn eine Rezession kurzfristig durch die Ankurbelung der Nachfrage bekämpft werden soll. Aber längerfristig nützt es einer Volkswirtschaft wenig, wenn Geld vom Staat zu den Verbrauchern oder von Unternehmen an die Arbeitnehmer verschoben wird. Um ein höheres Einkommen zu erreichen, müssen die Betriebe mehr produzieren. In einem Land wie Österreich, in dem mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung aus dem Export stammt, liegt der Schlüssel zu Wachstum und Wohlstand in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

Inflation abgefedert und angefacht

Das wurde viel zu wenig beachtet. Die Milliarden, die in der Pandemie an Unternehmen ausgeschüttet wurden, haben zwar Arbeitslosigkeit und Insolvenzen verhindert, aber weder Produktivität noch Innovation gefördert. Dafür sind die Staatsschulden stark gestiegen. Das Gleiche gilt für alle Gelder, die seit Beginn des Ukrainekriegs an Haushalte und Firmen ausgeschüttet wurden. Das mag zwar sozial und politisch sinnvoll gewesen sein, ökonomisch aber nicht. Die Inflation wurde zwar abgefedert, aber gleichzeitig auch angefacht.

Als wirklich problematisch haben sich die hohen Lohnabschlüsse der letzten beiden Jahre erwiesen, die von den Gewerkschaften mit klassenkämpferischer Rhetorik durchgesetzt wurden. Die höheren Gas- und Stromrechnungen wurden letztlich auf die Produzenten abgewälzt. Natürlich möchte kein Arbeitnehmer Realeinkommen verlieren. Aber so hat die höhere Inflation voll auf die Lohnstückkosten durchgeschlagen, die viel stärker gestiegen sind als in Deutschland und anderen EU-Staaten. Da geht es nicht um Konkurrenz mit Billiglohnländern, sondern um Wettbewerbsfähigkeit in der eigenen Region.

Der bessere Weg

Rückblickend wäre ab 2022 der bessere Weg ein Preis- und Lohnmanagement in Kooperation mit den Sozialpartnern gewesen: Der Staat hätte aktiv in Energiepreise, Mieten und andere Kosten eingreifen sollen, um die Inflation zu dämpfen. Dafür hätten die Gewerkschaften vorübergehende Reallohneinbußen in Kauf nehmen müssen. Dann wäre der Standort heute wettbewerbsfähiger und wohl auch der Konsum stärker.

Nun muss der schmerzhafte Preis für die Versäumnisse bezahlt werden: Neben einem Sparpaket zum Abbau der Staatsschulden müssten 2025 auch die Löhne weniger stark steigen als im EU-Schnitt, und damit wohl unter der Inflationsrate. Geschieht das nicht, dann fällt Österreich weiter zurück. Und dann wäre die Bevölkerung, die gerne mehr Geld hätte, am Ende ärmer. (Eric Frey, 3.7.2024)