Handy
Nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs braucht es höhere Hürden für die Abnahme von Handys. Über die Reform ist nun eine intensive Debatte ausgebrochen.
IMAGO/Guido Schiefer

Wien – Eine Expertengruppe aus Vertretern der Staatsanwaltschaft und der Wissenschaft sieht durch die derzeit geplante Fassung der Neuregelung der Sicherstellung von Datenträgern wie Handys die Effektivität von Ermittlungen gefährdet. So sei etwa der Kriminalpolizei bei "Gefahr im Verzug" lediglich die Sicherstellung der Datenträger erlaubt, nicht aber ein Zugriff auf die Daten selbst. Außerdem verlangt man beim geplanten Rechtsschutzbeauftragten eine stärkere Unabhängigkeit.

In der Expertengruppe haben sich unter anderem Praktikerinnen und Praktiker wie die ehemalige Vorsitzende der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (StAV), Cornelia Koller, bzw. ihr ehemaliger Stellvertreter Bernd Ziska sowie etwa die Strafrechtsprofessorinnen Susanne Reindl-Krauskopf, die auch Mitglied des Weisungsrats ist, und Ingeborg Zerbes, Vorsitzende der Geheimdienst-Kontrollkommission, zusammengeschlossen.

Sie halten den Entwurf in der derzeitigen Form unter anderem für "nicht praxistauglich". So soll nämlich laut den Erläuterungen bei Gefahr im Verzug der Kriminalpolizei zwar die Sicherstellung eines Handys erlaubt sein, nicht aber ein Zugriff auf Daten. Das gelte auch für den Versuch der Entsperrung. "Dies ist allerdings häufig Voraussetzung, um das Gerät in den Flugmodus zu setzen und so eine Fernlöschung von Daten zu verhindern." Darüber hinaus sei ein schneller, auch inhaltlicher Zugriff "für eine effektive Strafverfolgung oft unerlässlich".

Ausnahmeregelung gefordert

Als Beispiel wird etwa der Bereich der Suchtgiftkriminalität genannt. Dort sei für die Ausforschung von Mittätern und Lieferanten "das umgehende Auslesen von Anrufprotokollen und – häufig selbstlöschenden – Nachrichten essenziell", heißt es in der Stellungnahme. "Aber auch in vielen anderen Bereichen wie etwa Schlepperei oder beispielsweise einem Mordfall ist die vorgeschlagene Vorgehensweise der nachfolgenden Anordnung und Bewilligung, gesonderten Aufbereitung durch die Forensik und erst anschließender Auswertung durch die Ermittler nicht praxistauglich, zumal wertvolle Zeit verloren geht und sich dadurch die Chancen für einen Ermittlungserfolg verringern."

Angeregt wird daher eine Ausnahmeregelung für Gefahr im Verzug – so soll der Kriminalpolizei in diesen Fällen ein beschränkter Zugriff auf jene Daten erlaubt werden, deren dringende Sicherstellung oder zumindest Sichtung zur Aufklärung der Tat unbedingt erforderlich ist, weil sonst ein Verlust der Beweismittel droht oder der Zweck der Ermittlung gefährdet wäre. Das habe der VfGH, aufgrund dessen Erkenntnis zu Handysicherstellungen der Entwurf erstellt wurde, auch nicht ausgeschlossen.

Wie bereits andere Institutionen kann auch die Expertengruppe nicht nachvollziehen, warum die Aufbereitung der sichergestellten Daten ausschließlich durch eine eigene Forensikgruppe der Kriminalpolizei erfolgen soll. "Die IT-Forensiker und -Forensikerinnen der Staatsanwaltschaften wären gleichermaßen geeignet gewesen." Auch hier habe der VfGH keine diesbezügliche Vorgabe getroffen. Die "hermetische Abschirmung des Aufbereitungsvorgangs von der Staatsanwaltschaft" führe sogar zu "verfassungsrechtlichen Friktionen": "Sie entspricht nicht der in der StPO verwirklichten Verfahrensstruktur einer staatsanwaltschaftlichen Verfahrensleitung (...)."

Unabhängiger Rechtsschutzbeauftragter

Einwände hat man auch bei der geplanten Kontrolle durch den Rechtsschutzbeauftragten der Justiz. Zwar sei geplant, diesem zusätzliche Ressourcen zu gewähren. Allerdings sei dies nur ein erster Schritt. Der VfGH verstehe unter einer unabhängigen Aufsicht einen "Richter oder eine mit gleichwertigen Unabhängigkeitsgarantien ausgestattete Stelle" mit den entsprechenden Ressourcen.

Im aktuellen Entwurf bleibe der Rechtsschutzbeauftragte aber weiter eine "Institution, die über keine einem Richter gleichwertigen Unabhängigkeitsgarantien verfügt". Daher müssten Bestellmodus, Amtsdauer etc. vergleichbar etwa mit dem Rechtsschutzbeauftragen beim Innenministerium sein. (APA, 1.7.2024)