Die Leistung der österreichischen Fußballnationalmannschaft unter Trainer Ralf Rangnick bei der Euro ist hervorragend, und wie alle anderen Österreicherinnen und Österreicher fiebert auch der gesamte ORF mit. Immer wieder erreicht uns die Frage, warum der ORF die Österreich-Spiele nicht übertragen kann. Denn so wie es in Österreich acht Millionen Teamchefs und -chefinnen gibt, so gibt es mindestens ebenso viele Fernsehdirektorinnen und -direktoren. Dazu ein paar Gedanken: 1978 wechselte unser Goleador Hans Krankl für rund 13 Millionen Schilling aus Wien zum FC Barcelona. Letzten Monat erhielt Kylian Mbappé mit seiner Unterschrift bei Real Madrid einen Signing-Bonus von kolportierten 150 Millionen Euro. So heiß der Transfermarkt ist, so sehr befindet sich auch die Welt der Sportrechte im Wandel. Die Kosten sind explodiert und haben derartige Ausmaße erreicht, dass es sich kein Medienunternehmen mehr leisten kann, alle Großereignisse zu übertragen.

Österreichs Fußballer feiern ihren Erfolg über das niederländische Team.
Gruppensieger! Österreichs Fußballer durften nach dem Spiel gegen die Niederlande zu Recht jubeln.
Foto: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler

Bieterverfahren werden immer komplizierter und haben in der Regel eine sehr lange Vorlaufzeit. Die Vergabe der TV-Lizenzen für die derzeitige Fußball-EM erfolgte vor mehr als drei Jahren. Sportlizenzen können jedoch nicht zu einem Fixpreis erworben werden, sondern mittels eines Bieterverfahrens ähnlich einer Versteigerung. Der Vorteil für den Lizenzverkäufer liegt darin, dass sich die TV-Anbieter gegenseitig überbieten müssen, um die exklusiven Rechte zu bekommen. Dadurch werden wesentlich höhere Lizenzpreise erzielt.

"Die Lizenz für die Fußball-WM 2026 hat der ORF erworben, und auch hier werden wir Gespräche über eine mögliche Kooperation mit anderen österreichischen TV-Sendern führen."

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Preise für Sportrechte weltweit, aber auch in Österreich, mehr als verdoppelt. Als öffentlich-rechtlicher Sender ist der ORF zur Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit verpflichtet, auch das ORF-Gesetz bindet uns, speziell im Bereich des Erwerbs von Sportrechten, daran, um die Entwicklung des dualen Rundfunksystems in Österreich zu befördern. Und dazu gehört auch, dass kommerzielle Medienunternehmen ebenso Sportgroßereignisse übertragen können. Auch für die Euro hat der ORF ein Angebot im Rahmen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten, basierend auf langjährigen Erfahrungswerten, abgegeben. Servus TV erhielt jedoch mit einem offenbar deutlich höheren Angebot den Zuschlag. Im Nachgang führte der ORF Verhandlungen mit Servus TV über eine Sublizenz, wodurch 20 von 51 Spielen und die Highlightsrechte an allen Spielen für den ORF erworben werden konnten.

Dass die immer teurer werdenden Sportlizenzen auf mehrere TV-Anbieter verteilt werden, ist nicht neu; in Deutschland gibt es das seit 2006, aktuell übertragen ARD, ZDF, RTL und Magenta die Euro 2024. Der ORF und Servus TV kooperieren im Fußball seit der WM in Katar 2022 und seit einigen Jahren auch sehr erfolgreich in der Formel 1. Die Lizenz für die Fußball-WM 2026 hat der ORF erworben, und auch hier werden wir Gespräche über eine mögliche Kooperation mit anderen österreichischen TV-Sendern führen.

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann im Gespräch.
Setzt auf sportliche Kooperation: ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
Foto: APA/EVA MANHART

Der ORF verfolgt im Bereich Sport prinzipiell zwei Strategien: Einerseits wollen wir Österreichs Sportwelt in ihrer gesamten Breite abbilden. Dafür investieren wir rund 100 Millionen Euro jährlich in den heimischen Spitzen- und Breitensport. Viel Geld für sehr viel Sport: Olympische Spiele, FIS-Ski-WM und -Weltcup, Formel 1, ÖFB-Länderspiele Frauen und Männer, Uefa-Frauen-Euro 2025, Fifa-WM-2026, Fußballbundesliga und -Cup Frauen und Männer, diverse Welt- und Europameisterschaften (Handball, Eishockey, Schwimmen, Leichtathletik, Tischtennis …), Spiele von österreichischen Nationalmannschaften und Meisterschaften Frauen und Männer in diversen Mannschaftssportarten wie Handball, Eishockey, Volleyball, Basketball, Hockey – insgesamt mehr als 70 unterschiedliche Sportarten. Der ORF verfügt damit über eines der breitesten Sportangebote in Europa. Andererseits ist es dem ORF ein großes Anliegen, allen Österreicherinnen und Österreichern den Free-TV-Zugang zu Großveranstaltungen zu sichern. Dafür wählen wir den Weg der Kooperation. Ein starker, pluralistischer Medienstandort ist gut für Österreich, hebt die Qualität und fördert Innovation. An dieser Stelle möchte ich Servus TV ausdrücklich zur gelungenen Performance gratulieren. Auch der ORF freut sich über gute TV-Quoten und Publikumsresonanz für unsere Übertragungen und Analysen von der Euro sowie die sehr guten Nutzungszahlen für die multimedialen ORF-Angebote im Bereich Online, Social Media und Radio.

Die Gewinner dieser EM stehen eigentlich schon fest: Die österreichischen Fußballfans dürfen sich nicht nur über Topleistungen unseres Teams freuen, sondern sind bei jedem Spiel live und ohne Paywalls immer vorn mit dabei – ganz gleich, ob Österreich, Spanien, Deutschland, Frankreich oder wer auch immer spielt. Und das wird uns auch für die kommenden Welt- und Europameisterschaften für Österreich gelingen – aber eben nur im Team. Ich wünsche unserem Team weiterhin alles Gute! (Roland Weißmann, 2.7.2024)