Prachtvolle Aussicht, Blumenbankerln und dunklen Tann hatte der Knappenhof seit je – nun gibt‘s auch die dazu passende Küche.
Prachtvolle Aussicht, Blumenbankerln und dunklen Tann hatte der Knappenhof seit je – nun gibt‘s auch die dazu passende Küche.
Gerhard Wasserbauer

Reichenau an der Rax, das ist klassische k. u. k Sommerfrische, das ist Freude über dunkle Wolken in der Sommerhitze und Theaterabende, wie sie früher einmal waren. Der Knappenhof, mit prächtiger Aussicht hoch über dem Ort gelegen, ist hier seit vielen Jahren das gastronomische Aushängeschild.

Seit der aufwendigen Renovierung durch Hans Peter Haselsteiner und Hotelière Helena Ramsbacher ist der klassische Jahrhundertwendebau richtig nobel geworden und bekam auch eine boudoireske, in alpinem Rot und Gold glühende Bar verpasst. Nur bei der Küche hat es ein paar Anläufe gebraucht, bis das feine Haus so richtig zu sich gefunden hat. Jetzt hat es aber geklappt, und ganz wunderbar noch dazu.

Das Haus steht bis in die Details ausgesucht nobel am Berg – ändert aber nichts daran, dass man sich beim Essen hier, wo die Raxfelsen nahe, der Tann dicht und die Almwiesen saftig sind, in Wahrheit eine geerdete, in der Tradition verwurzelte Wirtshausküche herbeisehnt. Schließlich ist der Knappenhof ein seit jeher in der Gegend etablierter Betrieb, direkt an einem Wandersteig gelegen und als Institution den Ausflüglern und Theaterfreunden ebenso verpflichtet wie den handverlesenen Hotelgästen. Die werden abends nach wie vor mit noblen Menüs und recherchierten Kreationen verwöhnt.

Das stille Sehnen nach etwas mehr Handfestem ist dennoch erhört worden: Tagsüber zeigt der neue Küchenchef Tomaž Fink nämlich, wie gut er auch die gutbürgerliche Küche draufhat. Das beginnt mit einer ganz klassischen Consommé mit prachtvollem Griesnockerl: Eine kraftvolle, ideal ausgewogene Essenz vom Rind, mit einem ganzen Schüppel knackiger Wurzeljulienne und ebendiesem Nockerl: mächtig, mürb und muskatduftig, dem Druck der Zunge willig und doch zögernd nachgebend – ziemlich nahe an der Idealvorstellung. Die Sorge, dass ein bei Ana Roš und Konstantin Filippou ausgebildeter Koch wie Fink sich derlei Ewigkeiten der österreichischen Küche mit kreativer Verstiegenheit nähern muss, ist zum Glück unbegründet.

Ferkelsulz von Kopf und Haxl
Ferkelsulz von Kopf und Haxl
Gerhard Wasserbauer

Auch die Kopf- und Haxelsulz vom Schwein, hauchdünn aufgeschnitten und zart schmelzend, ist beglückend unverkopft, köstlich wabbelnd, mit klassisch fruchtsaurem Dressing, eingelegten Zwiebeln und, na gut, ein paar gourmetmäßigen Tupfern grünkräuteriger Creme. Hat das Zeug zum Fixstern auf der Karte! Vegetarisch geht mindestens so gut, die Mousse vom Ziegenfrischkäse schmiegt sich kühl und federleicht an ganz junge Erbsen, Minze ist dazu ebenso klassisch wie zwingend gut.

Fast schon leicht

Dann ist es aber Zeit fürs Backhendl, das an so einem ausgesucht noblen Ort natürlich ausgelöst und ohne Haut serviert wird. Kann es aber trotzdem, krachknusprig in Butterschmalz herausgebacken, saftig und mit einem ziemlich idealtypischen, nicht kühlschrankkalten Erdäpfel-Vogerlsalat serviert – erzbourgeoise Glückseligkeit mit Aussicht. Wer sich aufs Panierte fixiert, versäumt aber etwas. Die Hortobagyi-Palatschinken aus Erdäpfelteig ganz besonders, eine fast vergessene Delikatesse der pannonischen Küche, die Fink mit köstlich mildem Lammsugo füllt, pflichtschuldig mit Käse gratiniert, mit Paprika-Rahmsauce umkränzt und mit einem frischen, essigsauren und doch auch süßen Sauté aus Paprika und Zwiebeln krönt – gewaltige Köstlichkeit, beinahe leicht interpretiert!

Kaninchen au Vin kann es auch, fällt saftig vom Knochen und wird, neben allerhand knackigem Gemüse, mit einer Art Polentakuchen vom Blech kombiniert, der die Nachspeise vorwegzunehmen scheint. Der darf aber keine Ausrede sein, sich dem Topfenschmarrn mit Marillen und Wiesenheu-Eiscreme (mmh!) zu entsagen oder, wo, wenn nicht hier, gar die knusprigen Schwarzbeernocken zu versäumen. Auch der Kaffee ist gut hier, der Service mit Finks Partnerin Urška Majcen an der Spitze ebenso. Nur von der zur Wochenmitte schütter besetzten Terrasse auf dem Bild darf man sich nicht täuschen lassen: Wochenends geht es hier anders zu. (Severin Corti, 1.7.2024)

Schulmäßiges Griesnockerl in doppelter Consommé
Schulmäßiges Griesnockerl in doppelter Consommé
Gerhard Wasserbauer
Spinatknödel mit Grana
Spinatknödel mit Grana
Gerhard Wasserbauer
Kaninchen au vin mit Germüse und Polentakuchen
Kaninchen au vin mit Gemüse und Polentakuchen
Gerhard Wasserbauer
Marillenschmarrn mit Heumilcheis
Marillenschmarrn mit Heumilcheis
Gerhard Wasserbauer