Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) reden miteinander
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) haben zuletzt ihre Vorstellungen öffentich kundgetan.
APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Die Koalitionsparteien dürften sich demnächst auf die Verteilung des bei der Abschaffung der kalten Progression entstandenen "variablen Drittels" der Steuereinnahmen einigen. Eine Lösung für 2025 werde noch vor der Sommerpause angestrebt, hieß es aus Verhandlerkreisen. Das Thema soll noch vor dem Wahlkampf gelöst werden. Herauskommen dürfte eine stärkere Anhebung der meisten Tarifstufen, eine Entlastung von Kleinunternehmen sowie höhere Absetzbeträge.

Anpassung zu zwei Drittel automatisch

Die sogenannte kalte Progression als schleichende Steuererhöhung wurde im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer 2023 abgeschafft. Seitdem werden die Steuerstufen jedes Jahr an die jeweilige Teuerung angepasst, damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Zuge der jährlichen Lohnerhöhungen nicht mehr in höhere Steuerstufen rutschen. Die Anpassung der Tarifstufen erfolgt aber nur zu zwei Drittel automatisch. Über die Verteilung der übrigen Mehreinnahmen muss sich die Regierung einigen. Im Vorjahr kam das variable Drittel vor allem niedrigen und mittleren Einkommen zugute.

Am Wochenende waren dazu bereits Wünsche geäußert worden. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) wollte primär eine Entlastung von "Leistungsträgern" und Familien, Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) vor allem Familien mit niedrigem Einkommen fördern. AK und ÖGB wiederum plädierten dafür, die freien Mittel für Autofahrer zu verwenden.

650 Millionen Euro zum Verteilen

Insgesamt sollen sich die Steuerzahler durch die Abschaffung der kalten Progression 2025 rund zwei Milliarden Euro sparen – das "variable Drittel" beträgt somit ca. 650 Millionen Euro. Diese Mittel sollen dem Vernehmen nach einerseits in eine noch stärkere Anhebung der einzelnen Tarifstufen (außer dem 55-prozentigen Spitzensatz) fließen. Die Tarifstufen sind jene Summen, ab denen ein bestimmter Steuersatz greift. Je höher sie sind, desto weniger Menschen müssen einen höheren Steuersatz entrichten. Die Tarifstufen könnten nach den Vorstellungen der Verhandler im kommenden Jahr daher um rund vier Prozent steigen - würden sie "nur" um die automatische Anpassung erhöht werden, fiele diese geringer aus.

Dass diese stärkere Erhöhung für fast alle Tarifstufen (und damit auch höhere) gilt, könnte sich die ÖVP auf die Fahnen schreiben. Außerdem ist geplant, dass die sogenannte Kleinunternehmergrenze auf 55.000 Euro (derzeit 35.000 Euro) ansteigt. Dieser Grenze entscheidet darüber, ob man noch als Kleinunternehmer gilt oder der Regelbesteuerung unterliegt. Die Grünen wiederum, die auf die soziale Komponente bei der Verteilung gedrängt hatten, könnten eine stärkere Erhöhung der Absetzbeträge für sich verbuchen, indem diese ähnlich wie bei den Tarifstufen ebenfalls noch stärker angehoben und voll an die Inflation angepasst werden - also über die automatische Zwei-Drittel-Anpassung hinaus. Davon würden Bezieher kleiner Einkommen profitieren.

Wenig halten die Neos vom "Theater" über die Verteilung des variablen Drittels. Die Regierung hätte die kalte Progression stattdessen gleich ganz abschaffen sollen, so Budgetsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. "Aber die Regierung musste ja unbedingt ein Drittel einbehalten, um es dann nach Belieben und in Gutsherrenart verteilen zu können." Nun dürfe man aber auf die Durchschnittsverdiener nicht vergessen – eine Berücksichtigung der unteren Tarifstufen würde dagegen zu einer "Vertiefung der Teilzeitfalle" führen. (APA, 1.7.2024)