Jubelnde RN-Fans
RN-Unterstützerinnen am Sonntag in der Stadt Hénin-Beaumont.
REUTERS/Yves Herman

Paris – Bei der ersten Runde der voraussichtlich folgenschweren Parlamentswahl in Frankreich zeichnet sich ein Sieg des rechten Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen ab. Die Partei kam ersten Prognosen zufolge auf 34 Prozent der Stimmen. Knapp dahinter folgt mit rund 28 Prozent die linke Volksfront. Abgeschlagen mit nur etwas mehr als 20 Prozent liegt das Regierungslager von Präsident Emmanuel Macron, der die Neuwahl nach der Niederlage bei der EU-Wahl am 9. Juni ausgerufen hatte.

Die Parlamentswalen in Frankreich laufen nach einen komplizierten Modus ab. Gewählt wird in 577 Einzelwahlkreisen. Das Ergebnis der ersten Runde legt fest, welche Kandidaten in die Stichwahlen am 7. Juli in ihren Wahlkreisen kommen, sofern niemand 50 Prozent der Stimmen erreicht. Dafür benötigt man 12,5 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten. Es gibt also auch Wahlkreise mit drei oder mehr Kandidaten in der Stichwahl. Wegen der hohen Wahlbeteiligung ist die Hürde diesmal niedrig, und liegt bei rund 18 Prozent aller abgegebenen Stimmen. Deshalb wird mit vielen Wahlkreisen gerechnet, in denen drei Kandidaten zur Wahl stehen werden. Dort könnten Kandidatinnen und Kandidaten am kommenden Sonntag auch mit weniger als 50 Prozent der Stimmen gewählt werden.

Marine Le Pens Rassemblement National steuert auf einen Wahlsieg in Frankreich zu.
AFP/FRANCOIS LO PRESTI

Jean-Luc Mélenchon von der linken Volksfront erklärte kurz nach Veröffentlichung der ersten Prognosen, dass die Kandidaten seines Bündnissen sich in jenen Wahlkreisen zurückziehen würden, in denen sie nur auf dem dritten Platz liegen. "Unsere Weisung ist klar: Keine Stimme, kein Sitz mehr für den RN", hieß es von Mélenchon am Sonntag.

Präsident Macron forderte die Menschen auf, sich nun gemeinsam hinter "eindeutig republikanischen und demokratischen" Kandidaten bei der zweiten Runde zu sammeln. Ob das auch bedeutet, dass Mitglieder seiner liberalen Partei sich in Wahlkreisen, in denen sie in die Stichwahl gekommen sind, zurückziehen, war vorerst unklar.

Die konservativen Republikaner, die auf etwa zehn Prozent der Stimmen kamen, wollten keine Wahlempfehlung abgeben.

Hohe Wahlbeteiligung

Gemeinsam mit den Exit Polls veröffentlichten die Umfrageinstitute auch Prognosen für die zweite Wahlrunde, bei der sich die Mehrheitsverhältnisse im Parlament dann endgültig entscheiden. Das Institut Elabe sagte dem Rassemblement National dafür 260 bis 310 Sitze voraus. Das Institut Ipsos rechnet mit 230 bis 280 Sitzen für die rechte Partei. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen.

Bereits am späten Nachmittag hatten knapp 60 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie das Innenministerium mitteilte. Dabei handelte es sich um die höchste Beteiligung seit Jahrzehnten und deutlich mehr als die Gesamtbeteiligung bei der vorigen Wahl zur Nationalversammlung 2022, die bei 48 Prozent gelegen hatte. (maa, mesc, 30.6.2024)